Schwere Wochen für die Schlichter

GDL und Bahn zeigen guten Willen, sind von einer Einigung aber noch weit entfernt. Einen Schlichterspruch müssen sie nicht annehmen.

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Von Wolfgang Mulke

21. Mai. 2015 –

Claus Weselsky trat in Siegesstimmung vor die Medien. Folgt man dem Chef der Lokführergewerkschaft GDL, hat sie ihr Ziel erreicht und darf nun für alle von ihr vertretenen Berufsgruppen Tarife aushandeln. Und die Ergebnisse dürfen von denen der größeren Gewerkschaft EVG abweichen. Dafür habe die GDL neun Mal streiken müssen, sagt Weselsky. Ein paar Minuten zuvor hatte schon der Personalvorstand der Bahn, Ulrich Weber, seine Sicht der Dinge geschildert. „Wir bleiben dabei, dass es keine Mitarbeiter erster und zweiter Klasse geben darf“, stellt Weber klar.

 

Spätestens in diesem Moment wurde deutlich, dass sich beide Parteien zwar aufgrund des immensen Druckes auf eine Schlichtung geeinigt haben. Doch inhaltlich sind sie sich nicht wesentlich näher gekommen. Die Bahn gesteht der GDL zwar eigene Verhandlung auch für das Zugpersonal zu. Unterschrieben wird aber nur, wenn der Inhalt deckungsgleich mit den Verträgen der EVG ist. Die GDL interpretiert das Ergebnis der Gespräche der letzten Tage anders. Dies verdeutlicht die schwere Aufgabe der nun bestimmten Schlichter.

 

Matthias Platzeck, früher Chef der SPD und Ministerpräsident Brandenburgs, wird für die Bahn als Moderator auflaufen. Bodo Ramelow von der Linkspartei und Landesvater Thüringens, wird Weselskys Position vertreten. Das tat er auch gleich in der Öffentlichkeit und warf der Bahn einen unprofessionellen Versuch vor, die Tarifeinheit im Unternehmen durchzusetzen. Platzeck schwieg. Die nächsten Verhandlungsrunden werden durch die Schlichter auch zu einer politischen Veranstaltung. Pikanterie am Rande: CDU-Mitglied Weselsky hofft auf einen Helfer aus der Linkspartei.

 

Am kommenden Mittwoch soll die Schlichtung starten und zunächst drei, eventuell auch vier Wochen dauern. Dabei geht es nach elf Monaten auch erstmals richtig an die eigentlichen Themen von Tarifverhandlungen. Die GDL will fünf Prozent mehr Lohn, eine Stunde weniger Arbeit in der Woche und eine Begrenzung der Überstunden erreichen. Die Bahn bietet bislang 4,9 Prozent verteilt über zwei Jahre an. Auch sind die Arbeitgeber bereit, 300 weitere Lokführer einzustellen und so die Personalnot zu lindern. Beide Positionen liegen noch weit voneinander entfernt aber Bahn und Gewerkschaft sind zuversichtlich, dass am Ende ein Kompromiss gefunden wird.

 

Spätestens Ende Juni werden Platzeck und Ramelow einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen. Dann schlägt neuerlich eine Stunde der Wahrheit. Unterschreibt die Bahn einen Vertrag, der von den mit der EVG getroffenen Vereinbarungen abweicht? In diesem Falle wäre Weselsky tatsächlich der triumphale Sieger als den er sich heute schon darstellt. Oder beharrt sie wie bisher auf inhaltsgleichen Verträgen mit beiden Bahngewerkschaften. In diesem Falle wird die GDL die Schlichtung sausen lassen. Die Friedenspflicht endet am 17. Juni. Danach wären weitere Streiks wieder erlaubt.

 

Ein gewichtiges Wörtchen kann auch die EVG noch mitreden, obwohl sie gar nicht mitverhandelt, sondern eigenständig mit den Arbeitgebern um höhere Löhne ringt. Sie hat eine Klausel in ihren Tarifvertrag eingebaut, derzufolge dieser teilweise oder ganz gekündigt werden kann, wenn die GDL irgendwo besser gestellt wird. Auch in diesem Fall könnte der Arbeitskampf schnell wieder aufflammen.

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