Spielraum ist vorhanden

Kommentar zur Lohndebatte von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

04. Jan. 2010 –

Sehr selten kommt es vor, dass Unternehmer vor Freude in die Hände klatschen, wenn Beschäftigte mehr Lohn verlangen. Das Ritual der Tarifverhandlungen mit Forderung und Ablehnung beginnt auch dieses Jahr wieder auf´s Neue. Und doch sollte man sich nicht irrtieren lassen: Trotz der Wirtschaftskrise ist die Forderung nach Lohnerhöhungen nicht so absurd, wie sie erscheinen mag. Von Branche zu Branche ist der Lage sehr unterschiedlich.


In der Metallindustrie stehen die Chancen der Gewerkschaft nicht gut, nennenswert mehr Geld für die Belegschaften herauszuholen. Die Nachfrage auf den in- und ausländischen Märkten schwächelt, die Produktionsbänder sind nur schlecht ausgelastet, und viele Betriebe können ihr Personal kaum beschäftigen. Das wissen die Funktionäre der IG Metall – weshalb sie unlängst nicht eine Lohnerhöhung, sondern Arbeitszeitverkürzung und Lohnreduktion vorgeschlagen haben. Es geht ihnen darum, die Arbeitsplätze über die Krise hinaus zu sichern.


Freilich ist selbst in der Metallindustrie ein differenzierender Blick geboten. Während viele Exportbetriebe Not leiden, gibt es auch Unternehmen wie Kärcher, den baden-württembergischen Hersteller von Hochdruckreinigern. Selbst für das Krisenjahr 2009 rechnet die Firma mit schwarzen Zahlen. Warum sollten dann die Beschäftigten nicht in Maßen am Erfolg partizipieren?


Und ganz anders als in der gebeutelten Industrie sieht es in mancher Dienstleistungsbranche aus. Unabhängig von der Krise suchen Pflegeheime nach Beschäftigten. Die Zahl der hilfsbedürftigten Menschen steigt, die Anforderung an die Pflege ebenso. Manche Einrichtung ist daher bereit, höhere Löhne zu zahlen. Vergleichbare Tendenzen verzeichnen die Bildungs- und andere soziale Branchen.


Spielräume für Lohnerhöhungen existieren also durchaus. Wirtschaftspolitisch falsch wäre es, sie zu vernachlässigen. Denn Löhne bedeuten für die Wirtschaft nicht nur Kosten, sondern sind auch ein Teil der Nachfrage, die die Firmen für den Verkauf ihrer Waren so dringend brauchen.

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