Spitzelei aus Gewohnheit

Kommentar von Hannes Koch über Bluttests bei Bewerbungen

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Von Hannes Koch

04. Nov. 2009 –

Normal ist es, zur Jobbewerbung eine Mappe mit Lebenslauf und Arbeitsproben einzureichen. Genauso normal, wenn auch wenig bekannt, ist es offenbar, dass Unternehmen Stellenbewerbern einen Bluttest abverlangen. Daimler, Merck, Beiersdorf, und jetzt der Norddeutsche Rundfunk – unnötigerweise brechen die Unternehmen die Privatsphähre derjenigen, die bei ihnen arbeiten wollen.


Früher waren die Bluttests kein öffentliches Thema. Die Erkenntnis, dass private Informationen geschützt werden müssen, ist erst durch die allgegenwärtige globale Kommunikation gereift. Auf den Bedeutungszuwachs des Datenschutzes haben sich bislang aber weder die Firmen, noch die Politik ausreichend eingestellt.


Warum testen die Unternehmen das Blut ihrer Bewerber überhaupt? Die schlichte Antwort dürfte in den meisten Fällen lauten: Weil man es eben schon immer so gemacht hat. Ein Bluttest gehört zur medizinischen Jobuntersuchung wie der Blick in den Allerwertesten beim Musterungsarzt der Bundeswehr - entwürdigend, überflüssig, sinnlos. Obwohl man in der Regel nicht unterstellen kann, dass die Unternehmen ihre Erkenntnisse missbrauchen wollen. Sie wissen in 99,99 Prozent der Fälle gar nichts damit anzufangen. Die Daten gammeln nur in den Speichern der Betriebsärzte.


Allerdings birgt die Spitzelei aus Gewohnheit eine latente Gefahr des Missbrauchs. Denn die Blutwerte sind eine wahre Fundgrube für Manager, die doch gerne ein paar Infos über ihre Beschäftigten hätten. Gendefekte, Schwangerschaft, der Joint vom Vorabend – alles ist aufgelistet und wartet auf den Leser.


Deshalb sollten die Firmen auf regelmäßige Bluttests schleunigst verzichten. Untersuchungen in wenigen begrenzten Ausnahmefällen reichen allemal. Wenn sie demnächst, wie geplant, das neue Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer formuliert, hat die Bundesregierung eine Möglichkeit, diese Selbstbeschränkung zu unterstützen.

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