Stau bis zum Mond
ADAC beklagt fehlende Verkehrsinvestitionen / Toyota Prius umweltfreundlichstes Auto / Bund will Elektroautos fördern
18. Aug. 2009 –
Die Zahl der Staus in Deutschland hat im vergangenen Jahr kräftig zugenommen. 130.000 Mal standen die Fahrzeuge auf den Straßen still, ein Plus von rund zehn Prozent gegenüber den Vorjahren. "Die gemeldeten Staus summierten sich auf eine Gesamtlänge von 375.000 Kilometern", teilte der ADAC am Dienstag mit. Das entspricht etwa der Entfernung zwischen Erde und Mond. Größte Stauländer sind Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen, auf die zusammen zwei Drittel aller Stillstände entfallen.
"Die Straßeninfrastruktur ist an vielen Stellen stehend k.o.", kritisierte ADAC-Präsident Peter Meyer. Der Automobilclub wirft der Politik leere Versprechen vor. Weder bleibe die Mobilität für alle bezahlbar, noch werde ausreichend in ein leistungsfähiges Straßennetz investiert. Statt der rund fünf Milliarden Euro, die alljährlich für den Straßenbau ausgegeben werden, hält der ADAC einen Betrag von wenigstens sieben Milliarden Euro für notwendig. Einen Finanzierungsvorschlag hat der Club dafür entwickelt. So soll eine eigenständige Bundesfernstraßenfinanzierungsgesellschaft gegründet werden, die für den Erhalt des Netzes zuständig ist und auch Kredite dafür aufnehmen darf. Aus den Mauteinnahmen soll die jährlich 3,7 Milliarden Euro erhalten, von der Mineralölsteuer einen Anteil von 3,3 Milliarden Euro. Die Gesellschaft soll dann mit den Ländern eine Vereinbarung schließen, in der die Qualität des Netzes festgelegt wird. So hat es der Bund auch mit der Bahn gemacht. In dieser Konstruktion sieht der ADAC den großen Vorteil, dass bundesweit nach Bedarf gebaut werden kann und die Mittel nicht nach regionalen Proporzüberlegungen in alle Länder verteilt werden. Weitere Belastungen der Autofahrer lehnt der ADAC ab. Stattdessen fordert der Club eine Erhöhung der Pendlerpauschale und die verstärkte Förderung alternativer Antriebe.
Letzteres hat sich auch die Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben. Heute wird das Bundeskabinett einen "Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität" beschließen. Auf gut 60 Seiten wird dabei die Entwicklung der Elektroautos in den nächsten Jahren vorgezeichnet. Im Jahr 2020 sollen bereits eine Million batteriegetriebene Fahrzeuge über Deutschlands Straßen rollen. Bis dahin müssen noch viele Probleme gelöst werden. Es fehlen zum Beispiel noch bezahlbare und leistungsfähige Batterien. Auch die Stromnetze müssten erweitert werden, damit der zusätzliche Bedarf vor allem aus erneuerbaren Energien gewonnen werden kann.
Gedanken machen sich die Experten des Bundesverkehrsministeriums auch über die schwierige Markteinführung der noch immer recht teuren Elektromobile. Der Bund will den Verkauf der ersten 100.000 Fahrzeuge staatlich fördern. Wie dies konkret geschehen soll, lässt der Aktionsplan aber noch offen. Genau dies kritisiert die grüne Umweltexpertin Bärbel Höhn. "5.000 Euro Zuschuss für den Kauf eines Elektroautos würde die Markteinführung extrem beschleunigen", glaubt die Politikerin.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt vor allzu großen Hoffnungen auf die Elektroantriebe. "Wir brauchen mehr Nüchternheit angesichts des derzeitigen Elektro-Hypes", sagte der verkehrspolitische Sprecher des Vereins, Gerd Lottsiepen. Bislang sei noch kein alltagstaugliches E-Mobil erhältlich. Angesichts von 50 Millionen zugelassenen Pkw hält der VCD das angestrebte Ziel von einer Millionen Elektrofahrzeugen für wenig ehrgeizig. Eine Förderung sollte es daher für alle energieeffizienten Modelle geben.
In der jährlichen VCD-Umweltliste der sparsamsten Automodelle findet sich noch kein Elektroauto. Das Rennen um die saubersten Modelle haben wieder einmal die Japaner gewonnen. Der Toyota Prius Hybrid belegt wieder den ersten Platz und erreicht in diesem Jahr als erster Benziner eine Verbrauch von weniger als vier Litern pro 100 Kilometer. Von den zehn Bestplatzierten Modellen kommen sieben aus Japan und drei aus Deutschland.