Umbau der Finanzaufsicht dauert Jahre

Erste Schritte der radikalen Reform sind umgesetzt. Neuer Chef Branson arbeitet an moderner und schlagkräftiger Behörde

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Von Björn Hartmann

14. Okt. 2021 –

Schneller, klarer, schlagkräftiger  – und vor allem wirksam will die Bundesfinanzaufsicht unter ihrem neuen Chef Mark Branson sein. Dazu ist die Behörde in den vergangenen Monaten tiefgreifend umgebaut worden. „Es geht schnell vorwärts“, sagte Branson bei einer Art Bilanz. Sie zeigte auch, wie schlecht die Bafin bisher tatsächlich aufgestellt war, um die komplexe Finanzwelt zu kontrollieren.

„Wir sind noch nicht, wo wir sein wollen“, sagte Branson. Das brauche mehrere Jahre. Und er skizzierte, wie seine Behörde künftig arbeiten soll: Man wolle ganzheitlich, vernetzt und vorausschauend agieren. Extrem klar sein und schnell. Und auch mutig handeln und ab und zu Risiken eingehen, also nicht alles ins Letzte prüfen, um so besser Gefahren an den Märkten abzuwehren. „Eine solche Kultur entwickelt sich über die Zeit“, sagte Branson. Die Richtung stimme schon mal. Kern der Reform sind mehr Digitalisierung und mehr interne Zusammenarbeit. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, zeigte sich zufrieden über das Tempo.

Auslöser der Bafin-Reform war der Wirecard-Skandal 2020. Er hatte gravierende Mängel bei der deutschen Finanzaufsicht und bei anderen Kontrollmechanismen bloßgelegt. Zahlreiche Warnsignale wurden übersehen. De facto waren die Behörden weitgehend ahnungslos, was bei Wirecard tatsächlich geschah. Das Unternehmen hatte im Juni vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet, als erstes im Deutschen Aktienindex Dax. Wie damals herauskam, hatten große Teile des Geschäfts nur auf dem Papier existiert. Anleger verloren Milliardenwerte. Der Finanzskandal ist der größte der bundesrepublikanischen Geschichte.

Im Februar hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieben Punkte für eine Reform der Bafin vorgelegt. Im Juni beschloss der Bundestag ein weitreichendes Gesetz. Unter anderem wird die Zahl der Mitarbeiter um gut 150 aufgestockt, die Arbeitsweise verändert. Eine Gruppe von 100 Mitarbeitern aus Bafin und Bundesfinanzministerium sowie externe Experten arbeiten daran, die Behörde moderner aufzustellen. Ende des Jahres soll die Arbeit abgeschlossen sein. Weitere Reformen muss die Bafin dann selbst stemmen.

Bereits im Einsatz ist eine besondere Einheit, die sich seit Mitte August um Finanzdienstleister mit besonders komplexen oder komplizierten Geschäftsmodellen – eine direkte Lehre aus dem Wirecard-Skandal. Derzeit überwacht diese Fokusaufsicht 17 Unternehmen. Sie soll Risiken schneller erkennen und gegensteuern können. Zudem gibt es eine Art schnelle Eingreiftruppe, die im Verdachtsfall zügig untersuchen kann.

Firmenbilanzen kontrolliert künftig nur noch die Bafin. Die Mitarbeiter der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung werden bis Ende des Jahres übernommen, zusätzliche eingestellt. Auch hier hatte der Wirecard-Fall gezeigt, dass zu viele verschiedene Stellen zu wenig geprüft hatten. Das soll sich nicht wiederholen.

Seit wenigen Wochen gibt es auch eine Stelle, an die sich sogenannte Whistleblower wenden können, Mitarbeiter mit brisantem Material und Wissen über Finanzfirmen und -vorgänge. Es gibt künftig verdeckte Testkäufe, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Neu ist auch eine zentrale Daten-Analyse-Einheit, die dafür eigens entwickelte Software soll künftig alle für die Arbeit nötigen Informationen anzeigen und analysieren können.

Die Bafin mit Sitz in Bonn beaufsichtigt Banken, Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel. Darunter sind mehr als 1500 Kreditinstitute, gut 1200 Finanzdienstleister und rund 6900 Fonds sowie deutsche Niederlassungen ausländischer Banken. Die Bafin soll sicherstellen, dass das deutsche Finanzsystem stabil ist und funktioniert. Deshalb wacht sie darüber, dass Finanzfirmen zahlungsfähig sind, und kämpft gegen Geldwäsche. Sie kann auch Sonderprüfer entsenden, wie etwa im Fall der Berliner Online-Bank N26, die mit Geldwäscheverdacht zu kämpfen hat.

Die Anstalt öffentlichen Rechts ist beim Bundesfinanzministerium aufgehängt und beschäftigt derzeit mehr als 2800 Mitarbeiter. Bezahlt wird ihre Arbeit über Gebühren der beaufsichtigten Firmen. Der Jahresetat liegt bei rund 500 Millionen Euro. Er soll nicht steigen. der Ausbau der Bafin soll künftig finanziert werden, in dem die Behörde effizienter wird.

Der Brite Mark Branson ist seit 1. August Chef der Bafin. Er folgte Felix Hufeld, der im Zuge des Wirecard-Skandals gehen musste. Der 53-Jährige, der auch einen Schweizer Pass besitzt, leitete zuvor sieben Jahre lang die Schweizer Finanzmarktaufsicht. Davor arbeitete der Mathematiker unter anderem in leitender Position bei der Schweizer G

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