Ungleiche Verteilung der Einkommen

Anteil der Löhne am Volkseinkommen nimmt ab, der der Gewinne steigt. Neuer Bericht der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung

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Von Hannes Koch

27. Nov. 2008 –

Der Anteil der Beschäftigten am Volkseinkommen sinkt, während die Gewinnquote steigt. Das ist das Ergebnis des neuesten Verteilungsberichtes der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. „Die Krise am Finanzmarkt zeigt die Gefahren dieser ungleichen Einkommensverteilung ganz besonders“, sagte gestern Claus Schäfer vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung. Der Verteilungsforscher wies daraufhin, dass durch die Zunahme der Einkommen aus Gewinnen und Kapital die risikoreiche Spekulation anwachse.

 

Von 64,8 auf 63,7 Prozent ging die Bruttolohnquote im ersten Halbjahr 2008 gegenüber 2007 zurück. Das bedeutet: Der Anteil der Lohnarbeit am Volkseinkommen verringert sich. Ein geringerer Teil der Wirtschaftsleistung kommt den Beschäftigten zugute. Die Nettolohnquote nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ging im selben Zeitraum von 41,2 auf 39,3 Prozent zurück. Bei den Einkommen aus Gewinnen und Kapital hat das WSI die umgekehrte Entwicklung ermittelt. Die Nettogewinnquote stieg 2007 bis 2008 von 34 auf 35,8 Prozent.

 

Dieser Trend ist nicht neu. Die Zahlen des WSI zeigen, dass die Lohnquote seit 1991 permanent zurückgeht. Damals lag die Nettolohnquote noch bei 48,1 Prozent, rund zehn Prozent über dem heutigen Niveau. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der Gewinne um sechs Prozent gestiegen.

 

In dieser Entwicklung spiegelt sich die Politik der vergangenen zwei Jahrzehnte. Unter anderem als Reaktion auf die Globalisierung verfolgten alle Bundesregierungen das Ziel, den Anstieg der Löhne zu begrenzen und die Bedingungen für Unternehmen zu verbessern.

 

Diese Politik hat nach Angaben des WSI auch Spuren bei der Steuerbelastung hinterlassen. Der Anteil der Lohnsteuer der Beschäftigten am gesamten Steueraufkommen in Deutschland ist demnach von 11,8 Prozent im Jahr 1960 auf 27,1 Prozent 2008 geklettert. Umgekehrt ist beispielsweise die Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne von 9,5 auf 3,7 Prozent gesunken.

 

Mit seinem Bericht verbindet das WSI drei Warnungen. Durch die problematische Verteilung der Einkommen nähme erstens die Kapitalmenge zu, die für risikoreiche Geschäfte auf den internationalen Finanzmärkten zur Verfügung stünde. Zweitens fehle die Nachfrage der Beschäftigten nach Gütern und Dienstleistungen, die die Wirtschaft in der gegenwärtigen Rezession stabilisieren könne. Und drittens habe die Armut in Deutschland auch während des vergangenen Aufschwungs zugenommen, sagte Schäfer. Die Niedriglöhne in vielen Branchen würden ihre Spuren hinterlassen.

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