„Unregulierte Märkte nicht dulden“

Werner Wenning, Vorstand der Bayer AG, über das Weltwirtschaftsforum in Davos und die Notwendigkeit eines besseren Rahmens für die Finanzbranche

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Von Hannes Koch

01. Feb. 2009 –

Hannes Koch: Was kann das World Economic Forum im Krisenjahr 2009 leisten?


Werner Wenning: Wir kommen hier einer ehrlichen Diagnose dessen näher, was in den vergangenen Jahren passiert ist.


Koch: Welche Fehlentwicklungen sehen Sie?


Wenning: Manche Unternehmen besonders im Finanzsektor haben Geschäftsmodelle betrieben, die nicht nachhaltig waren. Das muss man aus heutiger Sicht wohl so sagen. Es wurden Risiken eingegangen, die nicht mit entsprechender Substanz unterlegt waren.


Koch: Haben Sie in Ihrem Unternehmen nicht auch Fehler begangen? Stattliche Gewinne für die Aktionäre spielten nicht nur in der Finanzwirtschaft eine große Rolle.


Wenning: Wir haben immer darauf gesetzt, nachhaltige Werte zu schaffen. In diesem Jahr investieren wir 2,9 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, um künftig sinnvolle Produkte auf den Markt zu bringen. Das ist das höchste Forschungsbudget in der Geschichte unseres Unternehmens.


Koch: In Davos ist viel von der Notwendigkeit einer neuen internationalen Kooperation die Rede. Was ist zu tun, um eine Krise wie die gegenwärtige künftig zu verhindern?


Wenning: Wir müssen klare internationale Regeln für die Finanzwirtschaft schaffen. Nicht regulierte Märkte wie auf den Cayman-Inseln und in anderen Steueroasen dürfen wir nicht mehr dulden. Die objektive Bewertung der Finanzprodukte würde ein Übriges tun.


Koch: Dazu sind die Rating-Agenturen offensichtlich nicht der Lage. Durch ihre zu positive Bewertung neuer Finanzinstrumente haben sie die Krise maßgeblich mitverursacht. Plädieren Sie für eine öffentliche Kontrolle der Agenturen?


Wenning: Da bin ich vorsichtig. Mittlerweile sehe ich Fortschritte bei den Rating-Firmen. Schon in ihrem eigenem Interesse werden sie künftig eine wirksame Selbstregulierung praktizieren.


Koch: Gilt dieser Optimismus auch den Banken, die risikoreiche Produkte verkauft haben, ohne deren möglicherweise fatale Wirkung zu berücksichtigen?


Wenning: Ja, neue Produkte dürfen nicht mehr ungeprüft auf die Märkte gebracht werden. Die Banken sollten vorher selbst die Risiken testen und transparent machen. Das werden sie auch tun.


Koch: Für neue Arzneimittel existieren strenge staatliche Vorschriften. Sie werden jahrelang getestet, bevor sie in den Verkauf kommen. Muss es so etwas nicht auch für Finanzprodukte geben?


Wenning: Ein besserer gesetzlicher Rahmen ist sicher sinnvoll.


Koch: Wird der Staat von nun an also eine wichtigere Rolle spielen?


Wenning: In der jetzigen Situation ja. Langfristig allerdings kann ich nur davor warnen, der Politik zu starke Eingriffe in die Wirtschaft zu gestatten.

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