Untersuchungsausschuss zur Finanzkrise endet unentschieden

Opposition bringt Koalition nicht ernsthaft in Schwierigkeiten. Strukturelle Defizite der deutschen Bankenaufsicht bei Pleite und Rettung der Münchner Bank HRE aber offensichtlich

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Von Hannes Koch

16. Sep. 2009 –

Mit völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen von Regierung und Opposition endet am Freitag der Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Pleite und Rettung der Münchner Bank Hypo Real Estate. Die Ausschuss-Mehrheit aus Union und SPD verteidigt das Vorgehen der Regierung. Die Opposition hingegen versucht der Regierung in einem umfangreichen Sondervotum schwerwiegende Fehler nachzuweisen. Unter dem Strich bleibt eine wesentliche Erkenntnis: Die Bankenaufsicht in Deutschland ist nicht so gut aufgestellt, wie es notwendig wäre.


Nach der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers stand die HRE im September 2008 ebenfalls kurz vor der Pleite. Um den Zusammenbruch der Bank und möglicherweise weiterer Institute zu verhindern, haben Staat und private Banken die HRE mittlerweile mit einer Summe von 102 Milliarden Euro abgesichert. 90 Prozent der Aktien gehören dem Bund, rund drei Milliarden öffentlicher Mittel sind bereits geflossen. Es könnten noch wesentlich mehr werden – teilweise ist die Rede von bis zu 20 Milliarden Euro aus Steuermitteln.


Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte, Bafin-Chef Sanio habe die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegenüber der maroden HRE nicht genutzt. Aufgrund des Kreditwesengesetzes habe die BaFin bereits im Sommer 2008 in die Geschäfte der Münchner Bank eingreifen können und müssen, um Schlimmeres zu verhüten, so Schick.


Die Abgeordneten der Union, vor allem aber die SPD-Vertreter stellten sich vor Finanzminister Steinbrück und wiesen diesen Vorwurf zurück. Die HRE habe im Sommer 2008 „alle gesetzlichen Kennziffern erfüllt. Die BaFin hätte daher in die Geschäfte der HRE gar nicht eingreifen dürfen. Sonst wäre an die Märkte ein verheerendes Signal gesendet worden, mit fatalen Folgen für die HRE“, sagte Ausschuss-Obfrau Nina Hauer (SPD) gegenüber dieser Zeitung. Die staatlichen Kontrollmaßnahmen hätten den Geschäftspartnern der Bank signalisiert, dass diese kurz vor der Pleite stünde, den Bankrott also erst herbeigeführt, lautet die Essenz dieses Arguments. Klingt plausibel – daran knüpft sich allerdings die Frage, wie die staatliche Bankenaufsicht überhaupt funktionieren soll, wenn ihre Durchsetzung von den Investoren immer als Zeichen wahrgenommen wird, sich zurückzuziehen?


Dazu fällt auch Schick keine zufriedenstellende Antwort ein. Er zieht sich darauf zurück, dass den Grünen als kleine Oppositionspartei die Ressourcen fehlten, „perfekte Gegenmaßnahmen“ zu entwickeln. „Die Defizite muss die Regierung beheben“, so Schick. Die Bankenaufsicht im Hinblick auf Extremfälle wie die HRE zu verbessern, ist allerdings ein tatsächlich schwieriges Unterfangen.Auch die Bundesregierung hat dafür bisher keine Lösung.


Eine ähnlich komplizierte Gefechtslage zeigte sich an einem anderen Punkt. Die Opposition warf Steinbrück und Sanio vor, viel zu spät, nämlich erst im September 2008, konsequent auf die Notlage der HRE reagiert zu haben, die sich schon viel länger abgezeichnet hätte. Dieser Vorwurf trifft einerseits zu, allerdings ist auch das Gegenargument der Regierungsfraktionen nicht von der Hand zu weisen: Richtig abwärts gegangen sei es mit HRE erst nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank in New York Mitte September 2008. „Keiner der Berichte im Frühjahr und Sommer 2008 enthielt Hinweise auf eine existenzbedrohende Situation“, sagte Hauer. Unentschieden auch in diesem Fall, der Untersuchungsausschuss endet Remis.

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