US-Bürger brauchen Geld von Mama

Junge Amerikaner, die länger in Berlin leben wollen, dürfen oft nicht arbeiten. EU-Bürger, Australier, Kanadier und andere Nationalität haben es deutlich leichter

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Von Hannes Koch

31. Aug. 2014 –

Als Bewohner einer attraktiven Stadt müssen Berliner ihren ausländischen Freunden öfters solche Fragen beantworten: Wie lange darf ich hier bleiben? Ist es vielleicht sogar möglich, eine Zeit lang in Berlin zu arbeiten? Entgegen verbreiteter Erwartung treffen dabei selbst US-Bürger auf hohe bürokratische Hindernisse. Spanier oder Italiener haben es deutlich einfacher, ein paar Berlin-Jahre einzulegen. Hier ein kleiner Ratgeber.

 

Greg (18) aus Wisconsin/ USA hat sich in eine Berlinerin verliebt. Deshalb will er, nachdem er gerade zu Hause die High School beendet hat, einige Zeit in der deutschen Hauptstadt leben. Die Sprache lernen, studieren – was, weiss er noch nicht genau. Welche Formalitäten muss er erfüllen, um legal hierbleiben zu können?

 

Als US-Bürger braucht Greg kein Visum, um nach Deutschland einzureisen. Die ersten drei Monate kann er als Tourist in der Stadt leben, ohne ein Amt aufzusuchen. Will er länger bleiben, muss er sich jedoch um einen Aufenthaltstitel bemühen. Wer den beantragen möchte, geht zunächst zum Bürgeramt des jeweiligen Bezirks und meldet einen Wohnsitz an.

 

Der nächste Schritt führt zur Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer in der Nähe des Nordhafens. Dort können unter anderem US-Bürger eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Diese ist allerdings nicht bedingungslos, sondern an bestimmte Zwecke gebunden. Man muss sich entscheiden, welche Art von Erlaubnis man beantragen will.

 

In Gregs Fall käme am ehesten die Variante „Aufenthaltserlaubnis zum Besuch eines Sprachkurses“ in Frage. Welche Nachweise und ausgefüllten Formulare der Neu-Berliner mitbringen soll, ist auf der Internetseite der Ausländerbehörde detailliert aufgeführt (siehe Kasten). So braucht Greg unter anderem seinen gültigen Pass und eine Bescheinigung darüber, dass er einen Intensivsprachkurs besucht, der mindestens 18 Stunden pro Woche umfasst. Außerdem verlangt die Behörde eine Bescheinigung über eine Krankenversicherung. Das kann in diesem Fall auch eine Reisekrankenversicherung sein.

 

Schließlich wollen die Mitarbeiter einen Beleg dafür sehen, dass der Amerikaner für die Zeit des Kurses seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dieser Pflicht kommt Greg nach, indem er auf einem individuellen Sperrkonto bei der Deutschen Bank rund 7.600 Euro einzahlt, erklärt Tia Robinson von der Organisation Expath, die Zuwanderer berät. Eine andere Möglichkeit: Die Familie seiner Freundin schreibt ihm eine Verpflichtungserklärung. Auf einem speziellen Formular müssen sich die Sponsoren damit einverstanden erklären, dass sie die Kosten für Gregs Aufenthalt tragen. Der deutsche Staat will dadurch finanziellen Aufwand für notleidende Einwanderer sparen. Hat alles geklappt, bekommt der US-Bürger schließlich die Erlaubnis, für ein Jahr in Berlin zu bleiben und den Sprachkurs zu absolvieren.

 

Was aber ist, wenn der Neu-Berliner kein Geld gespart hat, anderen Leuten nicht auf der Tasche liegen und sich mit eigener Arbeit selbst finanzieren will? Dann wird es kompliziert. Denn „junge US-Bürger bekommen im Prinzip keine Erlaubnis für Gelegenheitsarbeiten“, sagt Robinson. Selbst wenn Greg ein Jobangebot als Barkeeper in einer Kreuzberger Kneipe oder Verkäufer in einem Klamottenladen hätte, würde ihm das vermutlich nicht weiterhelfen. Dass eine solche Beschäftigung offiziell kaum möglich ist, bestätigt auch die Pressestelle des Innensenators.

 

Der Hintergrund: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss ihre Zustimmung erteilen. Deutsche Arbeitslose und EU-Bürger haben bei der Jobvermittlung aber Vorrang – und Amerikaner das Nachsehen. Die BA sagt in der Regel „Nein“. Mit einem Job kann Greg den Sprachkurs also nicht finanzieren.

 

Für andere Lebenslagen existieren jedoch verschiedene Arten von Aufenthaltsgenehmigungen, die auch Amerikanern Arbeit in Berlin ermöglichen. Wer sich hier beispielsweise auf ein Studium vorbereitet oder eines absolviert, darf unter bestimmten Einschränkungen Geld verdienen. Auch manche bezahlten Praktika sind möglich. Selbstständige, Start-up-Unternehmer oder Künstler haben ebenso die Chance, eine Erlaubnis zur Arbeit zu erhalten.

 

Grundsätzlich gilt: Je qualifizierter der Antragsteller, desto leichter kann er in Berlin arbeiten. Wer ein Studienzeugnis in der Tasche und Fähigkeiten vorzuweisen hat, die eine deutsche Firma auf dem einheimischen Arbeitsmarkt nicht findet, erhält auch die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

 

Leichter als junge, wenig ausgebildete US-Bürger haben es dagegen Leute aus Staaten, die im Gegensatz zur USA ein eigenes Work & Travel-Programm haben, beispielsweise Australien, Kanada und Neuseeland. Diese dürfen in Berlin im ersten Jahr auch Gelegenheitsjobs etwa in Restaurants machen.

 

Und privilegiert sind die Bürger der meisten EU-Staaten. Unter anderem für Spanier, Italiener, Portugiesen und Franzosen gilt: Sie brauchen kein Visum, wenn sie als Touristen nach Berlin kommen. Wollen sie länger als drei Monate hierbleiben und dann auch arbeiten, reicht es für sie aus, einen Wohnsitz beim Bürgeramt anzumelden. „Unionsbürger stehen auch in der Bewerbung auf dem Arbeitsmarkt Deutschen gleich, das heißt sie können sich 'frei' bewerben“, schreibt die Berliner Innenverwaltung. Diesen Vorteil haben ebenso Staatsangehörige von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz.

 

Ganz anders sieht es hingegen für die Bewohner der meisten anderen Staaten dieser Erde aus. Verfügen beispielsweise junge Leute aus Ghana, Thailand oder Ecuador über genügend Geld für eine Reise nach Berlin, besteht die erste hohe Hürde darin, dass sie ein Visum beantragen müssen. Dieses können die deutschen Botschaften auch verweigern. Und Arbeit in der Hauptstadt ist nur dann erlaubt, wenn eine deutsche Firma nachweist, einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Inland nicht zu finden.

 

Info-Kasten

Ausländerbehörde

Friedrich-Krause-Ufer 24

13353 Berlin

030-90269-0

www.berlin.de/labo/auslaender/dienstleistungen/

 

Beratung

Die Organisation Expath beantwortet erste Fragen von Neu-Berlinern: Wie finde ich eine Wohnung, welche Jobs kann ich machen? Expath bietet auch Sprachkurse.

030-234 60 640, info@expath.de

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