Vollmacht für den Ernstfall

Jeder kann überraschend handlungsunfähig sein

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Von Björn Hartmann

04. Mär. 2024 –

Wenn das Leben läuft, gibt es kaum einen Grund sich mit schweren Krankheiten, Unfällen oder gar dem Tod zu beschäftigen. Dennoch sollten Bürgerinnen und Bürger sich darum kümmern, dass sie jemand vertreten kann, wenn sie selbst nicht mehr voll handlungsfähig sind. Zwei wichtige Dokumente helfen, im Ernstfall die eigenen Interessen zu wahren und nach eigenen Wünschen behandelt zu werden: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.

 

Wann ist eine Vorsorgevollmacht nötig?

„Sie ist nötig, wenn eine Person nicht mehr für sich selbst entscheiden kann“, sagt Simone Weidner von Finanztest. Gut, wenn es dann jemanden gibt, der alle Aufgaben erledigen und auch rechtsverbindlich entscheiden kann. Das ist keine Frage des Alters: „Wir empfehlen eine Vorsorgevollmacht, sobald eine Person volljährig ist.“ Denn Eltern seien bis zum 18. Geburtstag sorgeberechtigt und dürften nur bis zu diesem Zeitpunkt entscheiden. „Wer ab 18 Jahren möchte, dass die Eltern weiterhin entscheiden, benötigt eine Vorsorgevollmacht, in der das geregelt ist“, sagt Weidner. Auch Verheiratete brauchen eine solche Vollmacht. Denn sie können gegenseitig nur in einem medizinischen Notfall und in gesundheitlichen Angelegenheiten entscheiden – maximal sechs Monate lang. Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, übernimmt möglicherweise ein Richter, der die betroffene Person nicht kennt.

 

Was ist in einer Vorsorgevollmacht geregelt?

Unterschiedliche Punkte können festgelegt werden. Wer die Vollmacht erteilt, kann die bevollmächtigte Person beauftragen, dass sie sie gegenüber Ärzten und Pflegeeinrichtungen vertreten darf, ihren Aufenthaltsort bestimmen, eine neue Wohnung mieten und die alte kündigen kann. Das Gleiche gilt für Telefonverträge oder Versicherungen. Heikel ist sicher, ob die bevollmächtigte Person auf das Vermögen zugreifen darf. Hier entsteht der meiste Ärger in Familien, vor allem, wenn die in der Vollmacht genannte Vertrauensperson keine direkte Verwandte ist. Eventuell sind Zusatzvereinbarungen nötig und möglicherweise der Gang zum Notar.

 

Wie ist das mit Zugriff auf ein Bankkonto?

Im Prinzip sollte die Vorsorgevollmacht ausreichen, damit die bevollmächtigte Person auch auf Bankkonten Zugriff hat, um zum Beispiel offene Rechnungen zu bezahlen. Oft verlangen Kreditinstitute aber zusätzlich eine Bankvollmacht. Darum sollte man sich rechtzeitig kümmern, eine Bankvollmacht für den Betreuungsfall erteilen. Einfach nur die Zugangsdaten fürs Onlinebanking weiterzugeben, mag vielleicht funktionieren, ist aber rechtlich heikel.

 

Wer sollte bevollmächtigt werden?

„Die Person muss das absolute Vertrauen genießen“, sagt Finanztest-Expertin Weidner. Wobei absolutes Vertrauen nicht reicht. Wer bevollmächtigt wird, „sollte auch in der Lage sein, mit Ärzten, Ämtern und anderen offiziellen Stellen zu reden.“ Also, die Interessen des Vollmachtgebers oder der Vollmachtgeberin durchzusetzen. Mit der Person sollte unbedingt alles besprochen werden, bevor sie bevollmächtigt wird.

 

Was ist eine Patientenverfügung?

„Die Patientenverfügung regelt die Fälle am Ende des Lebens, in denen eine Person nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu äußern, sei es durch Gesten oder Sprechen“, sagt Weidner. „Und wenn sich ein Patient nach ärztlicher Einschätzung aller Voraussicht nach dauerhaft nicht mehr äußern kann.“ Es geht zum Beispiel darum, ob jemand künstlich ernährt oder beatmet werden soll, wenn etwa eine Demenz stark fortgeschritten ist, das Hirn nach einem Unfall sehr schwer geschädigt ist oder der Tod naht.

 

Welche Vorteile hat sie?

Alle Menschen altern und werden sich mit Themen wie Alzheimer, Demenz und schwerer Krankheit beschäftigen müssen. „Ganz wichtig: Einmal über alles sprechen und sich fragen: ,Was ist für mich Lebensqualität, wenn ich nicht mehr so kann? Soll alles medizinisch Mögliche gemacht werden?‘“, sagt die Finanztest-Expertin. Wer dann die Verfügung ausfüllt, kann sicher sein, dass im Fall des Falles nach den eigenen Wünschen gehandelt wird. Und: „Eine Patientenverfügung entlastet Angehörige, weil sie nicht entscheiden müssen, schließlich ist der Wille schon formuliert. Und sie bringt Klarheit für Ärzte“, sagt Weidner.

 

Worauf muss man bei einer Patientenverfügung achten?

Wichtig für alle, die kein Formular verwenden: „Sie muss so konkret wie möglich formuliert sein“, sagt Weidner. „,Ich möchte menschenwürdig behandelt werden‘ oder ,Ich will nicht an Schläuchen hängen‘ reicht nicht.“

 

Wie müssen Vollmacht und Verfügung aussehen?

Sie können mit der Schreibmaschine getippt, am Computer verfasst oder handschriftlich formuliert sein. „Es gibt keine Formvorschrift für die Vorsorgevollmacht“, sagt Weidner. „Deshalb finden sich im Internet auch viele verschiedene Formulare. Wir empfehlen schon, Vordrucke zu verwenden, damit alle Punkte bedacht werden.“ Weidner ist Mitautorin des Standardwerks der Stiftung Warentest zum Thema. Das Vorsorgebuch enthält neben Formularen auch ausführliche Informationen dazu, wie man sie ausfüllt.

 

Lassen sich Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ändern?

Grundsätzlich ist das jederzeit möglich. Bei der Vorsorgevollmacht muss man geschäftsfähig sein. Um die Patientenvollmacht zu ändern oder zu widerrufen, reicht es, einwilligungsfähig zu sein.

 

Wie wichtig ist es, dass ein Notar alles beglaubigt?

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gelten mit Datum und Unterschrift. „Mehr Rechtssicherheit bietet es, die Unterschrift gegen eine Gebühr notariell beglaubigen zu lassen“, sagt Weidner. „Beurkundet ein Notar die Vollmacht, wird es teurer. Er erstellt das Formular und berät ausführlich.“ Allerdings kann der Gang zum Notar nötig sein, wenn große Vermögen im Spiel sind, die Verwandtschaftsverhältnisse angespannt sind oder sonst mit Ärger für die bevollmächtigte Person zu rechnen ist. Auch die zuständige Betreuungsbehörde kann eine Unterschrift beglaubigen. Die Gebühr beträgt zehn Euro. Die entsprechende Behörde lässt sich unter test.de/betreuungsbehoerdenfinder mit Eingabe der Postleitzahl herausfinden.

 

Wo sollten die Unterlagen liegen?

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung können zu Hause aufbewahrt werden. Der Ort ist nicht so wichtig, Hauptsache, der oder die Bevollmächtigte wissen, wo sie liegen. Um sicherzugehen, dass zum Beispiel Ärzte im Fall der Fälle wissen, wen sie ansprechen müssen, empfiehlt die Stiftung Warentest, Vollmachten und Patientenverfügung im Vorsorgeregister (www.vorsorgeregister.de) einzutragen und dort auch den Namen der Kontaktperson zu hinterlegen. Die Bundesnotarkammer führt das Register im gesetzlichen Auftrag. Um die Daten zu hinterlegen, wird eine einmalige Gebühr fällig. Sie beginnt bei 20,50 Euro und richtet sich nach dem Umfang der Dokumente. Wichtig: Hier wird nur hinterlegt, dass es die Dokumente gibt, nicht die Dokumente selbst.

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