Von Fußball-Rasen und Gentech-Pflanzen

Verbot von genveränderten Pflanzen? Am Donnerstag fällt die wichtigste Entscheidung in der Amtszeit von CSU-Agrarminister Christian Schmidt

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Von Hannes Koch

11. Jun. 2014 –

Am Donnerstag hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt einen Termin, der zum großen Ereignis des Tages passt. Während abends in Brasilien die Weltmeisterschaft angepfiffen wird, präsentiert der Politiker widerstandsfähige Rasen-Sorten, die sich gut zum Fußballspielen eignen. Sowas muss ein Minister machen – auch wenn seine Gedanken woanders sind.

 

Zum Beispiel in Luxemburg, wo es am selben Tag um das wichtigste Thema geht, mit dem Schmidt bisher in gewisse Erscheinung getreten ist. Der europäische Ministerrat verhandelt darüber, ob die Mitgliedstaaten den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten dürfen. Schmidt hat sich klar geäußert: Er plädiert für „ein Anbauverbot von gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland“.

 

Christian Schmidt, 56 Jahre, evangelischer CSU-Politiker aus Neustadt an der Aisch nordwestlich von Nürnberg, amtiert seit knapp vier Monaten als Bundesminister für Landwirtschaft. Überregional war er früher nur Eingeweihten bekannt. Auch mit dem neuen Amt hat sich daran wenig geändert – obwohl Schmidt eine für die Union lebenswichtige Aufgabe zu erledigen hat. Er soll das ländliche Deutschland als Domäne der CDU-CSU verteidigen. Dass dies aus der Perspektive der Parteirationalität notwendig ist, zeigen die Wahl des Grünen Christian Meyer zum Agrarminister in Niedersachsen und der deutliche Verlust der bayerischen CSU bei ihrer traditionellen Wählerschaft.

 

Um dem Verfallsprozess entgegenzuwirken, scheint Gentechnik ein aussichtsreiches Thema zu sein. Gerade in wertkonservativen Kreisen gelten Pflanzen mit künstlich verändertem Erbgut nicht nur als Gefahr für Menschen und Umwelt, sondern auch als Vergewaltigung der Schöpfung. Auf wenige politische Forderungen kann sich Deutschland so einigen wie auf die Ablehnung von genmanipulierten Lebensmitteln.

 

Hier also will Schmidt punkten. Seine Kritiker allerdings werfen ihm doppeltes Spiel vor. Nur öffentlich gebe sich der Minister als konsequenter Gegner des Gentech-Anbaus, tatsächlich sei die von ihm befürwortete Verbotsregelung nicht wasserdicht, heißt es bei den Grünen im Bundestag. Schmidt selbst weist das zurück: Er verhandele mit den Unternehmen nicht über irgendwelche Schlupflöcher.

 

Als diplomatisch, ruhig und freundlich wird Schmidt selbst von politischen Konkurrenten charakterisiert. „Er erprobt eine neue Art der Kommunikation und Offenheit des Ministeriums“, sagt der grüne Agrarpolitiker Friedrich Ostendorff. Auch kritische Verbände haben bereits Einladungen zum persönlichen Gespräch ins Ministerium erhalten. „Eigene Ideen zur Agrarpolitik sind bei Schmidt bisher aber Mangelware“, so Ostendorff.

 

Das liegt auch an seinem Werdegang. Dem Spezialisten für Außenpolitik und langjährigem Staatssekretär für Verteidigung, der 1990 erstmals in den Bundestag einzog, lag die Landwirtschaft bisher fern. Zudem erweckte er den Eindruck eines Bürokraten, der das Bestehende verwaltet, als eines Politikers, der Neues gestaltet. Schmidts Liste relevanter Aktivitäten im Agrarministerium ist entsprechend kurz. Er brachte die Reform der europäischen Agrarpolitik durch den Bundestag und plädierte dafür, das massenhafte Töten männlicher Küken zu verbieten.

 

„Bei den wichtigen Themen nehmen wir Minister Schmidt kaum wahr,“ sagt etwa Ulrich Jasper von der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft. Er vermisst beispielsweise eine eigene Initiative des Ministeriums, um die Bedingungen in der Massentierhaltung zu verbessern. Medienberichten zufolge soll auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unzufrieden sein mit der öffentlichen Präsenz ihres Agrarministers. Bei solchen Meldungen weiss man oft nicht, ob sie zutreffen. Schlecht für Schmidt: In diesem Fall erscheint die Kritik plausibel.

 

Info-Kasten

Die EU und der Gentech-Anbau

Jedes Mitgliedsland soll künftig selbst entscheiden können, ob es genveränderte Pflanzen wie etwa die umstrittene Maissorte 1507 anbaut oder nicht. Einiges deutet daraufhin, dass der EU-Rat diese Linie am Donnerstag beschließt. Ein generelles Verbot für alle Genpflanzen ist in Deutschland nicht geplant. Laut dem EU-Entwurf sollen die Regierungen bei jedem Zulassungsantrag eines Konzerns einzeln bekanntgeben, wenn sie ihr Land aus der Freigabe ausklammern wollen. Sträubt sich das Unternehmen, kann die Regierung den Anbau verbieten. Hierzulande werden augenblicklich keine genetisch veränderten Pflanzen kommerziell angebaut.

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