„Vorbeugend ist besser als akut“

Angesichts der Corona-Krise können sich Firmen präventiv Hilfskredite für die kommenden sechs Monate besorgen. Hausbanken, Bürgschaftsbanken und die öffentliche KfW arbeiten zusammen.

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Von Hannes Koch

17. Mär. 2020 –

Bis Anfang März liefen die Umsätze der Unternehmen in Deutschland meist leidlich bis gut. Durch die Corona-Epidemie erleben viele Firmen und Branchen nun jedoch einen scharfen Einbruch. Das kann für einen Handwerksbetrieb im Messebau ebenso gelten wie für ein Restaurant oder eine selbstständige Goldschmiedin. Da lautet eine entscheidende Frage: Wie kommen Betriebe an die Bazooka ran? Hinter diesem Begriff von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verbirgt sich das staatlich geförderte Kreditprogramm, das Unternehmen über die nächsten Monate helfen soll.

Variante 1: die Hausbank

Die in ihrer Gesamthöhe grundsätzlich unbegrenzten Firmen-Kredite stellt die öffentliche KfW-Bankengruppe zur Verfügung. In Frage kommen jetzt zuerst die Programme „KfW-Unternehmerkredit“, „ERP-Gründerkredit – universell“ und „Kredit für Wachstum“. Die Unternehmen sollen leichteren Zugang zu den Mitteln erhalten, weil die KfW den größten Teil der Haftung für Kreditausfälle übernimmt. Außerdem können Betriebsmittelkredite auch an Großunternehmen gehen, die bis zu zwei Milliarden Euro Jahresumsatz machen (bisher 500 Millionen). Die KfW leitet die Mittel an die Hausbanken weiter, bei denen die Firmen ihre Geschäftskonten unterhalten. Diese Institute zahlen die Darlehen aus. Dorthin können sich die Firmen also zunächst wenden.

Die Geschäftskunden der Stadtsparkasse Freiburg würden auch künftig, wie bisher, Zugang zu sämtlichen KfW-Programmen erhalten, heißt es. Allerdings warten die Geldinstitute noch auf die genauen Informationen der KfW, die an diesem Freitag kommen sollen. Vermutlich ab nächstem Montag, 23. März, können die Firmen die Kredite bei ihren jeweiligen Hausbanken beantragen. Darauf stellt sich beispielsweise auch die Deutsche Bank ein. Deren Leiter für Unternehmen in Baden-Württemberg, Thomas Keller, sagte: „Wir begrüßen es sehr, dass bestehende Programme der KfW ausgeweitet werden. In einer zweiten Stufe folgen weitere umfangreiche Maßnahmen, die speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen in der Corona-Krise zugeschnitten sind.“ Unabhängig von den KfW-Krediten bietet die Sparkasse Freiburg an, die bestehenden Kreditlinien für ihre Bestandskunden zu erhöhen.

Variante 2: die Bürgschaftsbank

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich zuerst an eine der Bürgschaftsbanken zu wenden, die in jedem Bundesland arbeiten. In vielen Fällen dürfte es sich anbieten, beide Wege – Hausbank und Bürgschaftsbank – gleichzeitig zu beschreiten. Denn letztere übernehmen Sicherheiten, die es den Hausbanken erleichtern, KfW-Kredite und eigene Darlehen zu vergeben. Das ist relevant, weil die Hausbanken für die KfW-Kredite mithaften, die sie an Firmen durchleiten. Die Bonitätsprüfung kann einfacher werden, wenn eine Bürgschaftsbank dahintersteht. „Über das Finanzierungsportal www.ermoeglicher.de können sich betroffene Unternehmen direkt an die Bürgschaftsbanken wenden“, sagte Guy Selbherr, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Diese nimmt dann auch Kontakt zur Hausbank auf.

Selbherr riet: „Vorbeugend ist immer besser, als wenn es akut ist.“ Die jeweilige Firmen solle möglichst schnell einen „Liquiditätsplan“ aufstellen, „aus dem der Liquiditätsbedarf für die nächsten sechs Monate sichtbar wird“. Dieser zeigt die laufenden Ausgaben, beispielsweise Miete, Versicherungen, Lebenshaltungskosten, und stellt sie den noch zu erwartenden Einnahmen gegenüber. Durch die neuen Maßnahmen der Bundesregierung können die Bürgschaftsbanken Sicherheiten für Kredite bis zu 250.000 Euro vergeben. Und der Höchstbetrag von Bürgschaften wurde auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt. Selbherr stellt Entscheidungen „innerhalb weniger Tage“ in Aussicht, „so dass der Kredit im Idealfall innerhalb einer Woche fließen kann“.

Weitere Liquiditätshilfen

Die öffentliche L-Bank in Baden-Württemberg hat ein Programm „Liquiditätskredit“ aufgelegt, durch das gewerbliche Unternehmen und Freiberufler mit maximal 500 Beschäftigten Darlehen zwischen 10.000 und fünf Millionen Euro erhalten. Die Laufzeit beträgt bis zu zehn Jahre. Bayern will unter anderem einen neuen Härtefallfonds für Firmen bekanntgeben.

Steuerstundungen

Alle Firmen, denen Umsatz wegbricht, können bei den Finanzämtern beantragen, auf die monatlich oder vierteljährlich fälligen Vorauszahlungen der Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftsteuer zu verzichten. Verzugszinsen fallen nicht an. Die Finanzämter sollen, falls nötig, auch die Vorauszahlungen senken. Wenn die Lage sich bessert, werden die Unternehmen die Steuerrückstände später abtragen.

Künstler und Kleinstfirmen

Wirtschaftsminister Peter Altmaier betonte, die KfW-Kredite und Bürgschaften kämen für alle Firmen in Frage, selbst für die kleinsten. Auch Künstler, Musiker, Texter und andere Soloselbstständige sollen profitieren. Hier gilt die Empfehlung ebenso, Kontakt mit der Bank aufzunehmen. In den nächsten Tagen will Finanzminister Olaf Scholz einen zusätzlichen Notfallfonds präsentieren. Kredite würden aber nicht mehr reichen, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Er forderte, der Staat solle kleinen Firmen einfach Geld als Geschenk überweisen, damit sie überleben.

Kurzarbeit

Wenn beispielsweise Handwerksbetrieben mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten die Aufträge ausgehen, kann die Firma für diese die Arbeitszeit verringern und Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit, beziehungsweise deren regionalen Ablegern beantragen. Das geht auch online und gilt rückwirkend zum 1. März. Dafür wurden die Voraussetzungen vereinfacht: Nur noch zehn Prozent des Personals muss betroffen sein (früher ein Drittel). Auch Zeitarbeitsfirmen dürfen jetzt Kurzarbeitergeld beantragen.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten dann den größten Teil ihres Lohnes weiter, die Sozialabgaben der Firma für die reduzierte Arbeitszeit übernimmt neuerdings die Bundesagentur. Der Betrieb muss seinen Leuten die Kurzarbeit ankündigen, diese müssen einwilligen. Oder der Betriebsrat stimmt zu. Die Firma schießt den Lohn vor und erhält einen Teil von der Bundesagentur zurück.

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