Vorname Bahnchef zu vergeben

Nur wenige Manager kommen für den Job in Frage / Koalition hat mehrere Optionen

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Von Wolfgang Mulke

01. Apr. 2009 –

Rund zwei Millionen Euro brachte der Posten im vergangenen Jahr ein. Und doch ist die Zahl der Bewerber um die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Hartmut Mehdorn, eher gering. Denn das Aufgabenprofil unterscheidet sich erheblich von den Anforderungen anderer Unternehmen. Wer immer diese Herausforderung annimmt, steht im Licht der Öffentlichkeit. „Wer möchte mit Vornamen schon Bahnchef heißen“, beschreibt Jürgen Siebert von der Personalberatungsfirma Kienbaum die Vorbehalte der Gilde.

Die Kandidaten müssen überdies gleich auf mehreren Gebieten fit sein. Zu den Grundfertigkeiten gehört die Führung eines weltweit agierenden Konzerns mit weit mehr als 200.000 Beschäftigten. Dazu muss der Bewerber mit Politikern umgehen können und die Gewerkschaften auf seine Seite ziehen. „Es gibt vielleicht ein Dutzend Manager, die dafür in Frage kommen“, glaubt Siebert.

Am Dienstagabend trafen sich im Kanzleramt führende Regierungspolitiker zur Suche nach einer schnellen Lösung. Beteiligt waren die Kanzlerin, der Finanz-, Wirtschaft- und Verkehrsminister sowie SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Der Ausgang war bei Redaktionsschluss noch offen. Eine Entscheidung soll aber noch in dieser Woche getroffen werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein langfristig verpflichteter Vormann aufgeboten wird. Die große Koalition prüft mehrere Optionen.

Die Union bevorzugt eine Übergangslösung. Damit könnten Zeit für die Suche nach einer geeigneten Besetzung des Vorstands gewonnen werden. Wahrscheinlich müssen bald sogar mehrere Stellen ausgeschrieben werden, fordern Mehdorn-Getreue wie Finanzchef Diethelm Sack ebenfalls ihren Hut nehmen. Die wenigen in Frage kommenden Spitzenleute haben überwiegend einen Job. So bliebe Zeit, sie anderswo loszueisen. Diese Variante hätte aus Unionssicht auch politischen Charme. Im Falle eines erwarteten Wahlsieges könnte die CDU diese wichtige Position ohne Mitsprache der SPD besetzen.

Für eine begrenzte Zeitspanne bieten sich mehrere Kandidaten an. Aufsichtsratschef Werner Müller hat sich angeblich selbst angeboten, auf den Chefsessel zu wechseln. Allerdings gibt es über dessen Bereitschaft aus dem Aufsichtsrat unterschiedliche Informationen. Er selbst schweigt. Die notwendige Kraft traut Berater Siebert dem 62-jährigen noch zu. Noch vor wenigen Jahren hätten Firmen vor allem junge Manager gesucht. Dies habe sich geändert. Das Alter spiele keine große Rolle mehr. „Es geht um die Begeisterungsfähigkeit“, sagt Siebert. Nach Einschätzung von Aufsichtsrat Georg Brunnhuber kommt auch eine bahninterne Besetzung in Betracht. Von den derzeitigen Vorständen sei dafür aber niemand in der Auswahl.
 
Eine weitere Option ist die sofortige Präsentation eines echten Nachfolgers. In diesem Falle müssten die Vorbereitungen für den Führungswechsel bei der Bahn aber schon lange vor dem Rücktritt Mehdorns begonnen haben. Ausschließen wollte dies am Dienstag jedoch niemand. Immer wieder wurden neue Namen ins Spiel gebracht. Neben dem früheren EnBW-Chef Utz Claasen und dem Fraport-Vorstand Wilhelm Bender wird zum Beispiel der frühere Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke genannt. Die Erfahrung lehrt freilich, dass die zuvorderst öffentlich erwähnten selten am Ende auch den Zuschlag erhalten.

Eine immer wahrscheinlichere Möglichkeit ist eine Doppelspitze, die mit einem der SPD und einem der CDU nahen Manager besetzt wird. Der eine wäre Chef des Gesamtkonzerns, der andere Herr über die eminent wichtigen Transportsparten. Noch scheint das Rennen offen. Doch vor Überraschungen ist derzeit niemand gefeit.


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