VW-Fahrer sollten mit Klagen warten

Ist es sinnvoll, dass Fahrzeugbesitzer wegen des Abgas-Skandals Schadensersatz gegen ihren Autohändler einklagen? Anwälte und Verbraucherschützer raten zur Geduld.

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Von Hannes Koch

25. Sep. 2015 –

Viele Besitzer von Diesel-Fahrzeugen aus dem Volkswagen-Konzern fragen sich nun, ob ihr Auto wegen des Abgas-Skandals an Wert verliert. Rechtsanwälte in den USA bereiten schon Schadenersatzklagen vor. Und Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) fordert Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, „einen verbindlichen Rahmen mit VW“ für die Entschädigung der Betroffenen zu vereinbaren. Hat es angesichts dieser Lage Sinn, dass VW-Besitzer individuelle Schadensersatzklage gegen ihre Auto-Händler einreichen?

 

„Gegenwärtig ist es noch zu früh zu klagen“, sagt Rechtsanwalt Hauke Maack aus Recklinghausen. „Die potenziell Geschädigten sollten erst einmal abwarten, bis mehr Informationen bekannt sind. In jedem Fall müssen ein Mangel und ein damit einhergehender finanzieller Verlust konkret nachgewiesen werden.“ Diese Ansicht vertritt auch Juristin Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

 

Der Nachweis lässt sich teilweise dadurch erbringen, dass der Autohersteller ausdrücklich die Verantwortung für Fehler an bestimmten Motoren übernimmt. VW hat dazu bereits erklärt, „dass eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ bei Fahrzeugen auftritt, die den Motortyp EA 189 enthalten. Diese Angabe findet man am Motorblock des eigenen Wagens.

 

Als Alternative können die Autobesitzer auch Sachverständige beauftragen, die die Abgase messen und die Abweichungen dokumentieren. Zusätzlich müssten Kläger den Wertverlust ihres Autos dokumentieren. Ein Hilfsmittel dabei kann die Schwacke-Liste der Gebrauchtwagen-Preise sein.

 

Auf Basis des Kaufvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch existiert dann „bei erheblichem Mangel“, so Juristin Wagner, die Möglichkeit, den betroffenen Wagen beim Händler zurückzugeben und den Preis zurückerstatten zu lassen. Oder man erhält aufgrund der Wertminderung einen Teil des Kaufpreises ausgezahlt.

 

Welche Variante günstig sei, lasse sich gegenwärtig jedoch noch nicht abschätzen, sagt Wagner. Potenziellen Klägern bieten Anwälte deshalb an, die Adressen und Anliegen zu sammeln, um eventuell später Verfahren zu starten. Ob individuelle Schadensersatzklagen überhaupt aussichtsreich sein können, hängt unter anderem von einer möglichen Regressregelung ab, die Volkswagen auf Druck der Politik einräumen muss. Möglicherweise offerieren die VW-Händler in naher Zukunft auch, die Fehler an den Fahrzeugen auf eigene Kosten zu beheben.

 

Währenddessen hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die große Koalition aufgefordert, die Möglichkeit von Gruppenklagen einzuführen. Bisher existiere diese rechtliche Variante nicht. „Wer nicht auf seinem Schaden sitzen bleiben will, muss selbst klagen“, bemängeln die Verbraucherschützer.

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