Wachstum mit Klimaschutz
Kommentar zum Paris-Abkommen von Hannes Koch
13. Dez. 2015 –
In Paris scheint ein großer Schritt gelungen zu sein, um die Erdatmosphäre zu schützen. Die positiven Folgen könnten weit über das Klima-Thema hinausgehen. Für alte, entwickelte Industriestaaten wie Deutschland kommt der Paris-Konsens der Aufforderung gleich, ihre Wirtschaft und damit auch die Muster des Konsums grundsätzlich zu modernisieren. Mit anderen Worten: In den nächsten Jahrzehnten wird ein gigantisches Programm für neues Wachstum, neue Arbeitsplätze und damit auch neuen Wohlstand ablaufen.
Fast alle Staaten dieser Erde haben sich in der französischen Hauptstadt darauf geeinigt, den Ausstoß klimaschädlicher Gase innerhalb diesen Jahrhunderts unter dem Strich auf Null zu senken. Was das für Deutschland heißt, hat die Bundesregierung theoretisch bereits benannt: beispielsweise die Halbierung der Kohlendioxid-Abgase innerhalb die nächsten 15 Jahre. Das klingt nicht aufregend, hat praktisch aber enorme Konsequenzen.
Sehr große Summen werden dafür investiert werden – mindestens hohe zweistellige Milliarden-Beträge Jahr für Jahr aus öffentlichen und privaten Quellen. Dieses Geld wird im Inland verwendet und nicht auf den internationalen Finanzmärkten vagabundieren. Es stellt ein riesiges Wachstums- und Konjunkturprogramm dar, das Nachfrage nach Forschung, Entwicklung, Produkten und Dienstleistungen auslöst. Vergleichbare Entwicklung waren die Industrialisierungsschübe des 19. Jahrhunderts (Eisenbahn, Elektrifizierung) und des vergangenen Säkulums (Automobil, Massenkonsum, Computer). Jedes zweite Kohlekraftwerk muss in den kommenden 15 Jahren abgeschaltet, jedes zweite Haus saniert werden, und die Hälfte des Stroms aus Sonnen- und Windanlagen kommen. Außerdem braucht Deutschland bis 2030 rund sechs Millionen Elektroautos.
Gerade Letzteres zeigt, dass nicht nur neue Produkte, Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten hinzukommen, sondern auch alte gefährdet sind. Transformationsprozesse bringen innovative Unternehmen hervor, manche Traditionsfirma schafft es mit der Zeit zu gehen, andere jedoch sterben. Die ökonomische Bilanz hängt davon ab, ob sich die Wirtschaft auf die neuen Herausforderungen einstellen kann. Beispielsweise die deutsche Autoindustrie muss aus ihrem Winterschlaf erwachen.