Warme Worte für die Bauern

Beim Milchgipfel kommt Minister Seehofer den Landwirten entgegen

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Von Hannes Koch

29. Jul. 2008 –

Horst Seehofer gab sich keine Mühe, die Einigkeit zu verbergen. Freundlich wandte sich der Bundeslandwirtschaftsminister an den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner: "Sie sind gut in Form. Bisher haben Sie nichts gesagt, was ich nicht unterschreiben könnte." Vier Dutzend Mitglieder des Bauernverbandes, darunter auch einige Landwirte, klatschten Beifall. Die meisten trugen T-Shirts mit der Aufschrift "Milch ist ihren Preis wert".

 

Der Dienstag war der Tag des so genannten Milchgipfels. Seehofer, die Landwirtschaftsminister der Bundesländer, Bauernverbände, Molkereien, und Handelsketten trafen sich in der Bayerischen Landesvertretung, dem Brückenkopf der CSU in Berlin, Seehofers Terrain, das auch dem bayerischen Bauernpräsidenten Sonnleitner nicht eben fremd ist.

Seehofer wie Sonnleitner haben in diesen Monaten eine schwierige Mission: Sie müssen den Eindruck erwecken, für die Milchbauern einzutreten, obwohl sie doch gegen die Interessen sehr vieler Bauern verstoßen. Ihr gemeinsamer Gegner ist die Bauernopposition, die in Gestalt des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) vor einigen Wochen einen publikumswirksamen Milchstreik organisierte. Zehntausende Milchbauern lieferten tagelang keine Milch. Ihr Ziel: höhere Preise. BDM-Chef Romuald Schaber will durchsetzen, dass die Milcherzeuger 43 Cent pro Liter von den Molkereien bekommen, und nicht nur 30 bis 32 Cent, wovon sie, wie viele sagen, kaum leben können.

Im Prinzip ist aber seit dem Streik nichts passiert. Die Preise sind kaum gestiegen. Seehofer und Sonnleitner müssen etwas tun, um den wieder lauter werdenden Protest zu besänftigen. Das war der Anlass für den Milchgipfel. Gefragt war zumindest ein Zeichen, das sich so verkaufen lässt, als komme man den Bauern entgegen.

Kompromissbereit und geschickt nahm Seehofer die wichtigsten Forderungen der Landwirte auf - und zwar beider Seiten. Dem Deutschen Bauernverband sicherte er Unterstützung bei dessen zentralem Anliegen in der Milchfrage zu: Ein rund 300 Millionen Euro umfassender Fonds könnte künftig dafür sorgen, dass kleinere Bauernhöfe mit hohen Produktionskosten Ausgleichszahlungen erhalten, um den sinkenden Marktpreis abzufedern. Dies würde die Situation vor allem der Betriebe in Bayern und Baden-Württemberg entschärfen, aus deren Kreis die meisten neuen Mitglieder der Bauernopposition des BDM stammen.

Die Zusage Seehofers für den Fonds klingt gut, fraglich allerdings ist, ob sie sich in die Tat umsetzen lässt. Die EU-Kommission in Brüssel ist skeptisch. Davon abgesehen reichte BDM-Chef Schaber Seehofers Angebot bei weitem nicht aus: Der Chef der Milchbauern rechnete vor, dass mit 300 Millionen Euro umgerechnet gerade einmal ein Cent pro Liter Milch zusätzlich finanziert werden könnte. Diese geringen Summen würden den Landwirten nicht wirklich helfen.

Aber auch für den BDM hatte Seehofer ein spezielles Angebot in der Tasche. Im Sinne der Agraropposition will der Minister sich für die stärkere Mengenbegrenzung der Milchproduktion einsetzen. Entsprechend der Marktlogik - geringeres Angebot, höherer Preis - ist das Schabers zentrales Ziel. Seehofer versprach, verschiedene Mittel prüfen zu lassen, die in diese Richtung wirken könnten. Dabei geht es unter anderem um die so genannte Saldierung: Landwirte, die die ihnen zustehende Milchquote, die Produktionsmenge, überschreiten, können heute diesen Überschuss mit Bauern verrechnen, die zu wenig produzieren. Das Ergebnis: Die großen Mengen drücken ständig auf die Preise. Ob Seehofer sein Versprechen in die Tat umsetzen kann, hängt jedoch wiederum von verschiedenen Voraussetzungen ab. Er braucht die Zustimmung Brüssels und - ebenfalls nicht ganz einfach - die des Bundesrates.

Außerdem unterstützte der Minister BDM-Chef Schaber zumindest rhetorisch in dessen Anliegen, die Menge der produzierten Milch auch langfristig stabil zu halten. Dies allerdings - das weiß Seehofer - verspricht der kompletten Agrarpolitik der Europäischen Union, die der Minister im Grundsatz unterstützt. Der Plan der EU sieht so aus: Bis die staatlich fixierte Obergrenze der Produktion 2015 ganz abgeschafft wird, soll die Milchmenge permanent steigen. Das Kalkül der EU: Die Landwirte müssen sich an sinkende Preise und den Druck des Weltmarktes gewöhnen. Wer das nicht kann, soll seinen Hof zumachen. Diese grundsätzliche Ausrichtung der Politik stellt weder Seehofer noch Bauernpräsident Sonnleitner in Frage - obwohl beide eben diesen Eindruck erwecken.

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