Warteschlangen, Pferde, Sex – man kann alles besteuern

Städte kommen auf lustige Ideen, neue Steuern zu erheben. Ein kleines Panoptikum

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Von Hannes Koch

06. Aug. 2012 –

Wer vor einer Kneipe oder einem Club in der Schlange wartet, schwebt nicht. Er steht zumeist auf dem öffentlichen Bürgersteig. Und dafür soll das Lokal doch bitte eine Nutzungsgebühr zahlen, meinten Mitarbeiter der Kölner Stadtverwaltung. So erfanden sie die Schlangen-Steuer – nur die jüngste Idee deutscher Kommunen, die zusätzliche Einnahmen brauchen.

Die Formel zur Berechnung der Schlangensteuer sollte so aussehen: Länge mal Breite mal Gebühr. Messtrupps mit Maßbändern hätten die wabernden Besuchertrauben katalogisieren müssen. Vielleicht war es diese Vorstellung, die Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters veranlasste, das Vorhaben noch am Tage seiner Veröffentlichung zu kassieren.  

Andere kommunale Steuern dagegen haben Bestand. So hat Bonn mit seiner Sexsteuer im vergangenen Jahr rund 250.000 Euro erwirtschaftet. Im ersten Halbjahr 2012 verdoppelten sich die Einnahmen bereits. Die Etablissements müssen für die Dienste zahlen, die in ihren Mauern verrichtet werden.

Freischaffenden Prostituierten dagegen stehen in Bonn umgebaute Parkscheinautomaten zur Verfügung, bei denen sie Tickets ziehen, bevor sie auf den Straßenstrich gehen. Die Arbeitsnacht kostet sechs Euro. Machte in den ersten sechs Monaten 2012 nochmal 17.000 Euro für die Bonner Stadtkasse. Nach Informationen des nordrhein-westfälischen Bundes der Steuerzahler erheben Köln, Oberhausen und Dortmund ähnliche Luststeuern. 21 seiner Mitgliedskommunen würden die Idee ebenfalls anwenden, berichtet der Städte- und Gemeindebund in NRW.

Auch Pferde könnten eine Lust und potenzielle Steuerbasis sein, finden zahlreiche Stadtverwaltungen unter anderem in Hessen und Baden-Württemberg. So versuchte die Gemeinde Schauenburg westlich von Kassel, 350 Euro pro Pferd und Jahr zu erheben. Argument: Mit öffentlichem Geld müssten die Reitwege in Ordnung gehalten werden. Das Vorhaben allerdings scheiterte – die Reiterlobby war zu stark. Auch die anderen Kommunen in Hessen und Baden-Württemberg ließen deshalb die Finger davon.

Ebenfalls Protest erntete Witzenhausen in Nordhessen vor Jahren, als die Verwaltung die Abwassergebühren neu berechnete. Hier ließ man sich jedoch nicht beirren. Besitzer von großen versiegelten Flächen – Parkplätzen, Hausdächern – müssen seitdem mehr zahlen, weil von ihren Grundstücken mehr Regenwasser in die städtische Kanalisation fließt.

Mitunter sind die Gegner neuer Stadtsteuern vor Gericht erfolgreich – wie unlängst im Fall der so genannten Bettensteuer. Unter anderem Köln und Duisburg verlangten Hotels und Pensionen die so genannte Kulturförderabgabe ab. Die Gäste würden während ihrer Anwesenheit schließlich Theater und Konzerte in der Stadt besuchen, argumentierte die Verwaltung. Zumindest für Geschäftsreisende hat das Bundesverwaltungsgericht die Bettensteuer jedoch kürzlich verworfen. Köln will trotzdem daran festhalten, Duisburg hat sie erst einmal ausgesetzt.  

Weit verbreitet hat sich in den vergangenen Jahren dagegen die Zweitwohnungssteuer. Die Logik funktioniert so ähnlich wie bei der Bettensteuer: Bürger, die woanders leben, sollen die Infrastruktur in der Stadt ihrer Zweitwohnung mitfinanzieren. Die Abgabe bewegt sich häufig in der Größe einer Monatsmiete pro Jahr. Unter anderem Kassel und Darmstadt erheben diese Steuer, sagt der hessische Städte- und Gemeindebund. Beliebt ist sie auch in Baden-Württemberg und Bayern, wo man unter anderem die wohlhabenden Eigentümer von Ferienhäusern am Alpenrand belangt.

In Steuersachen erfinderisch war der Staat schon immer. Etwa in Bayern gab es früher eine Vielzahl kleiner kommunaler Abgaben – zum Beispiel die Speiseeis-Steuer. CSU-Ministerpräsident Franz-Josef Strauss ließ den Dschungel mittels eines Verbotes lichten. Heute müssen sich die deutschen Städte und Gemeinden neue Abgaben in der Regel von den Landesregierungen genehmigen lassen.

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