Wasserstoffautos rollen durch Berlin

Opel startet Testlauf für Brennstoffzellenantrieb / Technik noch lange nicht serienreif

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Von Wolfgang Mulke

27. Nov. 2008 –

Für einen Euro würde der Europa-Chef des angeschlagenen Autokonzerns General Motors nicht arbeiten. Aber zwei Drittel seines bisherigen Gehalts wird der für Opel verantwortliche Manager in diesem Jahr nicht erhalten. „Alle Führungskräfte verzichten auf einen Bonus“, begründet Wasserstoffautos rollen durch Berlindie Einbuße. Notfalls will Forster als Dienstwagen auch ein kleines Ökomobil fahren. Die Botschaft ist klar. Hauptsache Opel kann gerettet werden. Deshalb soll der Bund eine Milliardenbürgschaft übernehmen.

 

Die Bürgschaft soll vor allem für EU-Kredite für die Entwicklung neuer Produkte verwendet werden. Alle Autohersteller arbeiten derzeit mit Hochdruck an der mobilen Zukunft, die möglichst Klima schonend sein soll. „Dem elektrischen Antrieb gehört die Zukunft“, glaubt Forster. Elektrofahrzeuge und Hybridantriebe werden bereits erprobt oder in Serie hergestellt. Doch noch fehlt es an leistungsfähigen und bezahlbaren Batterien und schnellen Ladegeräten. GM arbeitet wie andere Hersteller auch an einer anderen technischen Lösung, dem Brennstoffzellenfahrzeug. Zehn Sonderanfertigungen des mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugs werden demnächst in der Hauptstadt Berlin erprobt. 100 sind weltweit im Praxistest unterwegs. Bis 2015 will GM das Wasserstoffauto zur Serienreife entwickeln. Eine Milliarde Euro hat der Konzern dafür bislang ausgegeben. Selbst wenn GM Insolvenz anmelden muss, will Forster die alternative Antriebstechnologie weiter vorantreiben.

 

Das Ziel klingt verheißungsvoll. Autos werden mit Wasserstoff betankt. Das Gas löst in der Brennstoffzelle einen elektrochemischen Prozess aus, der Strom erzeugt. Damit wird wiederum ein Elektromotor betrieben. Statt stinkender Abgase bleibt am Ende nur Wasser übrig. Die Leistung des Versuchsfahrzeugs „Hydrogen4“ kann sich sehen lassen. In zwölf Sekunden beschleunigt der für amerikanische Verbraucher konzipierte gut zwei Tonnen schwere Wagen auf 100 Stundenkilometer. Die Reichweite einer Wasserstoffladung beträgt 320 Kilometer, die Spitzengeschwindigkeit 160 Stundenkilometer.

 

„Ziel ist es, dass Deutschland Leitmarkt für die Brennstoffzellentechnik wird“, betont Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Der Bund fördert die Entwicklung neuer Antriebe in Deutschland mit insgesamt 500 Millionen Euro. Ebenso viel bringt die Industrie auf. Auf die einzelnen Projekte entfällt deutlich weniger. Hydrogen4 wird beispielsweise mit 2,2 Millionen Euro gefördert.

 

Doch trotz jahrelanger Tüftelei ist die Brennstoffzelle noch lange nicht für die Massenproduktion geeignet. Selbst wenn GM den Zeitplan einhalten kann und Mitte des nächsten Jahrzehnts ein erstes Modell auf den Mark bringt, ist der Durchbruch ungewiss. Ein Opel-Ingenieur schätzt die Mehrkosten bei der Anschaffung im Vergleich zu einem herkömmlichen Fahrzeug auf bis zu 15.000 Euro. Das könnte selbst überzeugte Umweltschützer vom Kauf abhalten. Auch sind noch technische Probleme ungelöst. Die Lebensdauer der Brennstoffzellen liegt bei zwei bis drei Jahren. Zudem fehlt ein ausreichend dichtes Netz an Tankstellen. In Berlin bieten für den Modellversuch einige Ölfirmen Wasserstoff an der Zapfsäule an. Für eine flächendeckende Verbreitung müssten viele Hundert Tankstellen bundesweit ihr Angebot aufrüsten. Das kostet zunächst Geld, bringt zunächst aber wenig ein. Ohne staatliche Anreize wird das Wasserstoffauto daher wenige Chancen haben.

 

 

 

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