Weniger Druck wäre besser

Kommentar zu Hartz-IV von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

11. Sep. 2015 –

Dass die Hartz-IV-Leistung für arbeitslose Bürger regelmäßig steigt, ist grundsätzlich eine gute Sache. Auch nächstes Jahr sollen wieder ein paar Euro hinzukommen. Der Satz für Erwachsene wird dann von 399 auf 404 Euro erhöht, bestätigte das Bundesarbeitsministerium von Andrea Nahles (SPD). Angesichts der guten Wirtschaftslage erscheint diese Zunahme jedoch zu mager.

 

Einerseits soll der Hartz-IV-Regelsatz das Existenzminimum derjenigen gewährleisten, die keine Stelle finden und sich nicht selbst vom Arbeitslohn finanzieren können. Bei der Berechnung legen die Experten unter anderem die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten zugrunde. Die niedrige Inflation ist ein Grund, warum die Leistung im kommenden Jahr nur wenig höher ausfällt. Außerdem orientiert sich die Kalkulation am statistischen Einkaufsverhalten von Menschen mit niedrigen Einkommen, die vor allem billige Waren erwerben. Daran üben die Sozialverbände schon lange Kritik. Diese Art der Berechnung trage dazu bei, die Armen in der Armut festzuhalten.

 

Neben der Funktion der Existenzsicherung erfüllt Hartz IV in den Augen seiner Befürworter allerdings einen weiteren Zweck: Das niedrige Niveau soll gerade kein bequemes Leben ermöglichen, sondern Druck ausüben. In diesem Sinne lautet die ökonomische Rechtfertigung, dass der sogenannte Lohnabstand erhalten bleibe müsse. Die Sozialleistung dürfe nicht zu hoch ausfallen, damit auch Arbeit zu niedrigem Lohn einen materiellen Vorteil bedeute. Sonst würden die Hartz-IV-Bezieher keinen Ansporn verspüren, sich um bezahlte Beschäftigung zu bemühen.

 

Selbst angesichts dieses Arguments erscheint die geplante Hartz-IV-Erhöhung aber zu gering. Sie beträgt etwa ein Prozent. Die gute Wirtschaftslage würde mehr ermöglichen und erfordern. Schließlich gilt seit 2014 der gesetzliche Mindestlohn. Damit steigt das allgemeine Lohnniveau. Die starke Konjunktur tut ein Übriges. Wenn die Löhne der Beschäftigten in diesem Jahr um zwei bis drei Prozent stiegen, wäre das nicht verwunderlich. An dieser Entwicklung sollte die Regierung auch die Hartz-IV-Empfänger teilhaben lassen.

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