Wirtschaftsverbände betreiben Schwarzmalerei
Die meisten Firmen erhalten weiterhin die benötigten Kredite, wissen die regionalen Industrie- und Handelskammern. Der Spitzenverband DIHK warnt dagegen vor einer massiven Kreditklemme
03. Jun. 2009 –
Mit ihren düsteren Prognosen für dieses Jahr stehen die Spitzenverbände der Wirtschaft weitgehend alleine da. Vor einer massiven Kreditklemme zu Lasten der Unternehmen warnt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Doch die regionalen Kammern sehen die Lage mehrheitlich entspannter – trotz der Wirtschaftskrise.
Unternehmen, die Kredite für Investitionen beantragten, würden diese von ihren Banken überwiegend auch erhalten, heißt es etwa bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) im nordrhein-westfälischen Arnsberg. „Wir spüren die Kreditklemme noch nicht“, sagt der dortige Experte André Berude. Die regionalen Finanzinstitute, darunter Sparkassen und Volksbanken, würden die Kreditbedingungen für kleine und mittlere für Firmen nicht verschärfen, so Berude.
Auch Thomas Hofmann, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig, sagt: „Nach wie vor sind keine akuten Anzeichen für eine allgemeine Kreditklemme erkennbar.“ Die Finanzierungsbedingungen gegenüber dem Jahresanfang 2008 hätten sich zwar verschlechtert, würden sich „seit dem vorläufigen Höhepunkt der Finanzmarktkrise im Herbst des vergangenen Jahres aber auf relativ konstantem Niveau bewegen“.
Ähnlich urteilt Thomas Brockmeyer von der IHK Halle-Dessau. Die These von der aktuellen Kreditklemme hält Brockmeyer für „gewagt“. Er vermutet allerdings, dass „90 Prozent der Kredite“ gegenwärtig zu strengeren Konditionen vergeben würden als früher. Die Zinsen lägen höher, die Laufzeiten seien kürzer, und die Banken verlangten mehr Sicherheiten.
Eine solche Verschlechterung stellen die Unternehmen im Raum München nicht fest. 60 Prozent der Firmen geben an, dass die Kreditkonditionen bislang unverändert geblieben seien. Im vergangenen Januar allerdings lag die Zahl noch bei 70 Prozent. Nur vier Prozent der beantragten Kredite würden von den Banken abgelehnt, hat eine aktuelle Umfrage der IHK München ergeben. Im Januar lag der Anteil der Absagen bei drei Prozent.
Vor diesem Hintergrund nehmen sich die Warnungen des DIHK seltsam aus. Zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) prognostiziert die Wirtschaftsorganisation, dass die Kreditverknappung „spätestens im Sommer existenzbedrohende“ Ausmaße annehmen könnte.
Viele Unternehmen, so der DIHK, könnten dann ihren Liquitätsbedarf nicht mehr decken, wodurch ihr Überleben in Frage gestellt werde. Aus dieser Diagnose leitet der Verband Forderungen an die Politik ab. Die staatliche KfW-Bankengruppe, die Finanzierungen im Rahmen des Kredit- und Bürgschaftsprogramms der Bundesregierung ausreicht, müsse dort einspringen, wo die Geschäftsbanken ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht würden. Die KfW müsse ihre Kreditvergabe deutlich beschleunigen.
Bei der KfW heißt es dazu, man bearbeite die Anträge der Unternehmen so schnell wie möglich. Weil es letztlich um Steuergeld gehe, müsse die Prüfung der Kreditanfragen der Unternehmen aber „mit größter Sorgfalt“ erfolgen.
Die massive Verschlechterung, die der DIHK beschwört, sieht die Staatsbank nicht. Hier, wie auch bei der Bundesbank, räumt man zwar ein, dass die Bedingungen schwieriger würden, von einer grundsätzlichen „Kreditklemme“ könne aber keine Rede sein.