Zaubertrank für die Wirtschaft

Kommentar von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

05. Dez. 2008 –

Die Gallier im legendären Asterix-Comic fürchten nicht die römischen Legionen. Sie haben nur vor einem Angst: Dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Eine derartige Urangst hat jetzt in modernem Kontext der Chefvolkswirt der Deutschen Bank formuliert. Norbert Walter prognostiziert, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um vier Prozent schrumpfen könnte. Behält er Recht, wäre dies die tiefste Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg.

 

Was würde das bedeuten? Das Bruttoinlandsprodukt sänke um rund 100 Milliarden Euro. In diesem Umfang würde der Umsatz der hiesigen Unternehmen zurückgehen. Weil besonders die großen Firmen nicht bereit sind, auf Gewinn zu verzichten, wären die Leidtragenden vor allem die Beschäftigten. Hunderttausende würden entlassen. Wer seine Stelle nicht verlöre, müsste mit Lohneinbußen von bis zu zehn Prozent rechnen. Damit nähme die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zusätzlich ab, so dass die Betriebe zu weiteren Kürzungen gezwungen wären.

 

Das sind keine angenehmen Aussichten. Zum Glück hat Deutsche-Bank-Ökonom Walter seine Prophezeiung darauf angelegt, dass sie sich nicht erfüllt. Er spielt den Advocatus Diaboli. Die Warnung richtet er an alle, die jetzt noch meinen, ihre Hände ruhig in den Schoß legen zu können.

 

Die Bundesregierung hat zwar ein Konjunkturprogramm beschlossen, aber dieses ist viel zu klein. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück meinen, mit einstelligen Milliarden-Beträgen für öffentliche Investitionen auszukommen. Angesichts des Ausmaßes der Krise ist das ein Trugschluss. Norbert Walter schlägt demgegenüber vor, die Mehrwertsteuer um drei Prozent zu senken, um mittels niedriger Verbraucherpreise die Nachfrage anzukurbeln. Über diesen Plan kann man streiten: So würden die Unternehmen einen Teil der Steuersenkung nicht in Form von Preisnachlässen an die Konsumenten weitergeben. Freilich muss man kein Anhänger dieser Idee sein, um zu erkennen, dass die Größenordnung des Plan trotzdem in die richtige Richtung weist. Zusammen mit den bereits beschlossenen Maßnahmen würde ein staatlicher Finanzimpuls von 40 bis 50 Milliarden Euro mobilisiert. Das entspräche etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts – eine Summe, die in der aktuellen Situation eine spürbare Wirkung entfalten würde.

 

Die Helden der französischen Asterix-Comics kommen mit ihrer Angst vor höherer Gewalt auch deshalb gut zurecht, weil sie notfalls auf den Zaubertrank ihres Druiden zurückgreifen können. Was Deutschland jetzt braucht, ist ein Zaubertrank für die Wirtschaft – ein Anti-Krisen-Paket der großen Koalition, das den Namen verdient.

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