Zehntausende Bürger für internationale Steuer

Initiatoren der Online-Petition im Bundestag wollen bis Donnerstag 50.000 Unterschriften erreichen

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Von Hannes Koch

30. Nov. 2009 –

Über die vermeintliche Alltagsferne der Politik erregt sich gerne mancher Bürger. Teilweise unberechtigt: Denn jeder interessierte Mensch mit politischen Anliegen kann dieses auf direktem Wege dem Deutschen Bundestag in Berlin zur Kenntnis geben. Und nicht selten beschäftigt sich das Parlament dann ausführlich mit dem Thema. Aktuelles Beispiel: Fast 23.000 Bürger setzen sich bis Montag Nachmittag für die Einführung der Tobin-Steuer ein, die nach der Finanzkrise Banken und Investoren bezahlen sollen.


„Das ist eine der erfolgreichsten Online-Petitionen, die bisher eingereicht wurden“, sagte ein Mitarbeiter des Bundestages gegenüber dieser Zeitung. Die Unterzeichungsfrist der Petition begann vor knapp drei Wochen. Unterschreiben bis kommenden Donnerstag (3.12.) 50.000 Personen, hält der Petitionsausschuss des Bundestages eine öffentliche Beratung ab und leitet die Initiative dann dem Parlamentsplenum zur Entscheidung zu. Besonders interessant: Jeder Erdenbürger kann teilnehmen, die Unterschrift ist nicht an die deutsche Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz in diesem Land gebunden. Beiträge aus Mauritius oder von den Bahamas sind ebenso willkommen.


Im Falle der Tobin-Steuer kommt die Möglichkeit der globalen Teilnahme dem Anliegen entgegen. Finanzkritische Organisationen wie Attac, Brot für die Welt und der Deutsche Gewerkschaftsbund plädieren für die Einführung einer neuen internationalen Steuer. Sie fordern Bundestag und Bundesregierung auf, ihrem Beispiel zu folgen. Die Steuer würde auf alle Finanztransaktionen und Wertpapiergeschäfte erhoben, die Banken und Investoren tätigen. Zwei Ziele wollen die moderat linksgerichteten Initiatoren erreichen: Erstens trachtet man danach, die Finanzspekulation ein wenig zu verlangsamen. Zum anderen könnte die Steuer Dutzende Milliarden Euro erbringen und würde die Verursacher der Finanzkrise wenigstens etwas an der Finanzierung der Schäden beteiligen.


Der Zeitpunkt für das Vorhaben ist günstig. Benannt nach dem US-Ökonomen und Nobelpreisträger James Tobin, steht die Finanztransaktionssteuer seit zehn Jahren auf der linken Agenda. Infolge der Finanzkrise und der von ihr verursachten gigantischen Staatsverschuldung findet das Thema nun jedoch auch Gehör bei den Regierungen der 20 wichtigstens Wirtschaftsnationen der Erde. Selbst der liberale britische Premier Gordon Brown hat sich unlängst freundlich geäußert. Möglicherweise ist diese Unterstützung nicht ganz ernst gemeint – so prominent debattiert wie jetzt wurde die Steuer allerdings noch nie.


Wer vom Computer aus unterschreiben will, muss sich zuvor auf der Internetseite des Bundestages registrieren (www.bundestag.de). Die Prozedur ist einfach und dauert wenige Minuten. Werden die 50.000 Unterschriften bis Donnerstag verfehlt, fällt die öffentliche Beratung im Petitionsausschuss möglicherweise aus. Dass die Regierungskoalition aus Union und FDP das Anliegen im Bundestag unterstützt, ist eher unwahrscheinlich.

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