• Die indonesische Insel Pari. Foto: zvg.

Zementkonzern soll Klima-Schäden bezahlen

BewohnerInnen der indonesischen Insel Pari klagen gegen den Schweizer Baustoff-Hersteller Holcim. Sie beanspruchen Ersatz für die Schäden des steigenden Meeresspiegels, die die Firma mitverursacht habe.

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Von Hannes Koch

06. Jun. 2023 –

Für viele Menschen ist der Klimawandel eine abstrakte Angelegenheit, die, wenn überhaupt, erst in der Zukunft wichtig wird. Heute schon konkret sind die bedrohlichen Veränderungen dagegen für Asmania und Edi Mulyono. Sie leben auf der indonesischen Insel Pari, wo das Wasser steigt. Vom Zement-Konzern Holcim, einem der größten industriellen Kohlendioxid-Verursacher der Welt, wollen die beiden nun Schadenersatz einklagen.

Die Insel Pari liegt etwa 20 Kilometer nördlich der Stadt Jakarta. Asmania* betreibt dort ein Gästehaus für lokale und internationale Touristen, Mulyono arbeitet als Fischer. Die beiden bereisen nun Europa, um ihr Anliegen bekannt zu machen. Sie sagen, dass infolge des Klimawandels ihre Einkommen während der vergangenen Jahre deutlich gesunken seien – von etwa 250 Euro pro Person und Monat auf ungefähr 150 Euro.

„Die Stürme nehmen zu, das wird Wetter unberechenbarer, wir fangen weniger Fisch“, erklärt Mulyono im Berliner Büro der Internationalen Rechtshilfe-Organisation ECCHR, die die Klage unterstützt. Zudem steigt der Meeresspiegel. Asmania: „Seit 2019 ist etwa ein Hektar unserer früher 42 Hektar großen Insel versunken.“ Was nicht viel klingen mag, hat erhebliche Auswirkungen: Gebäude in Ufernähe sind bedroht, Trinkwasser-Brunnen versalzen, und die Felder für den Anbau von Lebensmitteln schrumpfen.

Deswegen verlangen Asmania, Mulyono und zwei weitere Bewohner von Pari, dass die Holcim AG ihnen Schadenersatz zahlen solle für die Schäden, die bereits eingetreten seien. Außerdem beanspruchen sie Geld für Anpassungsmaßnahmen, um ihr Eigentum und die Insel gegen den weiteren Anstieg des Wassers zu schützen. Und drittens wollen sie durchsetzen, dass der Konzern seine klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen bis 2040 um 60 Prozent reduziert.

Warum aber hat man sich ausgerechnet Holcim ausgesucht? Und wie lässt sich juristisch begründen, dass dieses einzelne Unternehmen für den Anstieg des Meeres bei Indonesien verantwortlich sein soll? Miriam Saage-Maaß, Anwältin beim ECCHR, erklärt die Argumentation: Der Konzern mit Sitz in Zug, Schweiz, sei der global führende Zementhersteller und gehöre zu den 50 Firmen mit dem höchsten Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoß weltweit. Juristisch sei es möglich, nur einen Verursacher zu belangen, auch wenn mehrere gleichzeitig für einen Schaden verantwortlich seien, sagt Saage-Maaß.

In der Klage heißt es, das habe Unternehmen 0,42 Prozent aller weltweiten CO2-Abgase der Industrie zwischen 1750 und 2021 verursacht. Deshalb solle Holcim einen entsprechenden Anteil der Schadenskosten auf Pari tragen. Wegen der Teilverantwortung des Konzerns und den im Vergleich zu Europa niedrigen Lebenshaltungskosten wären die zu zahlenden Summen jedoch relativ bescheiden. Um beispielsweise die Häuser der Kläger auf Stelzen zu setzen und jeweils eine Wasser-Entsalzungsanlage anzuschaffen, rechnet Saage-Maaß mit etwa 2.500 Euro pro Person.

Das Geld ist das Eine, die AnwältInnen und Anwälte wollen aber auch die Rechtssetzung vorantreiben und die juristische Verantwortlichkeit von Unternehmen für Klimaschäden etablieren. 2021 verurteilte zum Beispiel ein niederländisches Gericht den Ölkonzern Shell, seine Emissionen zu reduzieren. Ein Bauer aus Peru klagt gegen den Energiekonzern RWE wegen der Schmelze eines Gletschers.

Holcim wollte die aktuelle Klage, die beim Kantonsgericht in Zug liegt, nicht kommentieren. „Der Klimaschutz hat für Holcim höchste Priorität“, erklärte die Pressestelle. Demgegenüber weisen die Kläger daraufhin, dass die Emissionen des Konzerns weiter steigen.

*Manche Leute auf Pari haben nur einen Namen.

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