Zusätzliche Kosten für alte Kraftwerke

Wirtschaftsminister Gabriel plant Strafzahlungen für betagte Kohlekraftwerke

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Von Hannes Koch

19. Mär. 2015 –

Deutschland soll sich erstmals auf einen maximalen Kohlendioxid-Ausstoß aus Stromkraftwerken festlegen und diesen mit zusätzlichen Strafzahlungen durchsetzen. Das schlägt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor. Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz hat er den Regierungsfraktionen am Donnerstag zugeschickt. Die Maßnahme soll dazu beitragen, den deutschen Ausstoß klimaschädlicher Gase bis 2020 um 40 Prozent zu verringern.

 

Nach Berechnungen des Wirtschaftsministeriums haben die hiesigen Kraftwerke im vergangenen Jahr 349 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen. Diese Menge soll bis 2020 auf 290 Millionen Tonnen sinken. Dafür seien zusätzliche Anstrengungen nötig, hieß es in Regierungskreisen.

 

Der Weg, den Gabriel vorschlägt, sieht so aus: Kohle- und Gaskraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, sollen in den kommenden Jahren weniger Strom herstellen. Für ihre Spitzenproduktion oberhalb einer bestimmten Grenze müssen die Firmen dann zusätzliche Verschmutzungszertifikate kaufen. Deren Preis orientiert sich nicht am Markt im Rahmen des europäischen Emissionshandels, sondern wird politisch beispielsweise auf 18 bis 20 Euro festgelegt.

 

Je älter das Kraftwerk, desto mehr Zertifikate wird es benötigen. Das Wirtschaftsministerium verfolgt damit das Ziel, dass die Unternehmen alte Kraftwerke mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß abschalten. Anlagen, die jünger als 20 Jahre sind, brauchen keine zusätzlichen Zertifikate. Eine Einsparung von 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid wird damit wohl in erster Linie ältere Braunkohlekraftwerke von RWE und Vattenfall treffen. Die Regierung geht davon aus, dass dies die Strompreise an der Börse um 0,2 Cent pro Kilowattstunde bis 2020 erhöht. Das entsprechende Gesetz soll noch in diesem Jahr fertig sein. Die Europäische Kommission halte den Ansatz für konform mit EU-Recht, hieß es aus Regierungskreisen.

 

Außerdem legt Gabriel sich darauf fest, dass unwirtschaftliche Kraftwerke nicht jahrelang von den Stromkunden subventioniert werden sollen. Das Problem: Für Zeiten, in denen Wind- und Solaranlagen wegen des Wetters zu wenig Strom produzieren, braucht man konventionelle Reservekraftwerke. Diese verdienen meist wenig. Sie bereitzuhalten, kostet aber trotzdem Geld. Die Frage ist: Wie werden diese Anlagen finanziert?

 

Der Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium läuft nun darauf hinaus, dass die Betreiber die Mittel selbst aufbringen. Dabei würden ihnen die Strompreise helfen, die in Zeiten von Stromknappheit teilweise sehr hoch seien, hieß es. Staatliche Garantien oder regelmäßige Umlagen auf die Strompreise zur Absicherung der Reservekapazitäten soll es jedenfalls nicht geben. Damit bezieht Gabriel auch Stellung gegen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der unrentable Kraftwerke in Betrieb halten will.

 

Eine kleine Reserve aus Kraftwerken soll laut den Eckpunkten nur für seltene Ausnahmen zur Verfügung stehen. Diese Anlagen dürfen nicht an der normalen Stromproduktion teilnehmen. Die Kapazitätsreserve überschneidet sich teilweise mit der schon existierenden Netzreserve. Welche Anlagen später dazugehören, will man per Ausschreibung ermitteln.

 

Zudem soll das Ausbauziel für die Kraft-Wärme-Kopplung sinken. Bisher ist geplant, dass Strom aus Kraftwerken, die gleichzeitig Heizwärme produzieren, 2020 einen Anteil von 25 Prozent erreicht. Das neue Ziel liegt etwas darunter. Stadtwerke, die solche Anlagen betreiben, sollen als Ausgleich vorübergehend eine höhere Förderung erhalten. Geplant ist eine Milliarde Euro pro Jahr statt 500 Millionen.

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