Zwischen Erbe und Innovation

Am Mittwoch präsentiert der US-Konzern Apple neue Produkte. Das Unternehmen gehört zu den wertvollsten der Welt – auch wegen Steuerverkürzung und miesen Arbeitsbedingungen in China

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Von Hannes Koch

09. Sep. 2015 –

Der legendäre Ruf der Computerfirma Apple rührt daher, dass sie es mehrmals geschafft hat, weltweite Standards zu setzen. Wenn der Konzern aus Cupertino in Kalifornien am Mittwochabend seine neuen Produkte präsentiert, stellt sich deshalb die Frage, ob der große technologische Sprung noch einmal gelingt.

 

Der kleine iPod - ein digitales Abspielgerät für Musik, das tausende Songs transportiert; iTunes - die Verkaufsplattform für Musik im Internet; das iPhone - eine Kombination aus mobilem Telefon und Internetzugang; das iPad - die Mischung aus Smartphone und Laptop. Diese Entwicklungen von Apple waren in den vergangenen 15 Jahren bahnbrechend. Andere Unternehmen mussten sie kopieren, daran ging kein Weg vorbei.

 

So große Schritte wird Apple-Chef Tim Cook am Mittwochabend wohl nicht gehen. Stimmen die Andeutungen, die bereits durchgesickert sind, stellt er unter anderem zwei neue, verbesserte Versionen des iPhones vor. Die Mini-Computer werden wohl leistungsfähigere Kameras und schnellere Prozessoren für die Datenverbindung enthalten. Siri, die Sprachassistentin im iPhone, wird vielleicht zusätzliche Fähigkeiten bekommen. Und Apple TV könnte aufgerüstet werden.

 

Trotzdem sagt Johannes Schuster, Redakteur der Fachzeitschrift „Mac & i“: „Apple gehen die Ideen nicht aus. Das Unternehmen hat es geschafft, die Phase nach dem Tod seines Gründers Steve Jobs zu meistern.“ Der einflussreiche Entwickler und Firmenchef starb vor vier Jahren. Seitdem fragen sich viele, ob das Unternehmen sein Niveau hält oder nur das Erbe verwaltet.

 

Letzteres glaubt Schuster nicht. Als Beleg führt er die digitale Armbanduhr Apple-Watch an, die man seit einem halben Jahr kaufen kann. Das Gerät ist beispielsweise in der Lage, die Herzfrequenz des Trägers zu messen – ein Schritt zu neuer Interaktion zwischen Maschine und menschlichem Körper. „Fraglich allerdings erscheint, ob das eine bahnbrechende Innovation ist“, sagt Niels Held vom Computermagazin Chip. Und skeptisch fügt er hinzu: „Apple ist auf diesem Feld nicht Vorreiter.“

 

Ähnlich könnte es beim Apple-Auto aussehen. Die Autofahrer sollen am Steuer auf bequeme Art jede Menge Informationen erhalten. Automatisches Fahren ist eine weitere mögliche Anwendung. Das stellt einerseits eine neue Konkurrenz dar für die traditionellen Autohersteller, andererseits ist Appel auf diesem Feld nicht alleine. Auch Google will elektronisch gesteuerte Fahrzeuge auf die Straßen bringen.

 

Trotz mancher Zweifel ist Apple ökonomisch höchst profitabel. Der Konzern verkauft größenordnungsmäßig alleine 200 Millionen Smartphones pro Jahr. Im vergangenen Geschäftsquartal stieg sein Marktanteil dabei weltweit auf 14 Prozent. Konkurrent Samsung lag mit 22 Prozent immer noch vorne, wobei sein Anteil sank. Insgesamt steigerte Apple seinen Vierteljahresumsatz auf knapp 46 Milliarden Euro. Rund neun Milliarden blieben als Gewinn hängen.

 

Unlängst machte sich mancher Anleger zwar Sorgen um die nachlassende Kaufkraft der chinesischen Konsumenten, die dem US-Konzern viele seiner Geräte abnehmen. Der Aktienkurs sackte unter anderem deshalb seit Mitte Juli um etwa 20 Prozent. Nichtsdestoweniger gehört die Firma neben Microsoft, Google und Exxon zur Spitzengruppe der wertvollsten Unternehmen der Welt. Am Mittwoch betrug die Marktkapitalisierung, der Wert der handelbaren Aktien, knapp 580 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das ist etwa ein Fünftel der Wirtschaftsleistung Deutschlands in diesem Jahr.

 

Der Begeisterung der Aktienbesitzer und Verbraucher standen bislang auch schlechte Nachrichten kaum im Wege, für die die Firma selbst verantwortlich ist. So schaffte Apple es in den vergangenen Jahren, mit ausgeklügelten Tricks kaum Steuern zu zahlen. Firmenchef Cook wurde deshalb schon im US-Kongress vernommen.

 

Ein weiterer Kritikpunkt: Apple lässt einen Großteil seiner iPhones, iPads und MacBook-Laptops in chinesischen Fabriken herstellen, wo die Arbeitsbedingungen oft fragwürdig sind. So berichten Arbeiter und Bürgerrechtler immer wieder über unzureichende Löhne und gesetzeswidrig lange Arbeitszeiten. Die US-Firma hat zwar versprochen, die Missstände abzustellen, ist dabei offenbar aber nicht immer erfolgreich.

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