Abgabe oder Finanzsteuer – die große Frage

Die Bundesregierung begnügt sich mit einer bescheidenen Krisenabgabe für Banken. Paris prüft dagegen eine umfassende Finanzmarktsteuer

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Von Hannes Koch

31. Mär. 2010 –

Die deutsche und französische Regierung sind uneins, ob die umstrittene Bankenabgabe die einzig richtige Antwort auf die Finanzkrise ist. Nachdem das Bundeskabinett am Mittwoch eine solche Abgabe beschlossen hat, sagte die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde, Frankreich prüfe außerdem die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen.


„Wir planen eine maßvolle Abgabe, die sich an den Risiken der Bankgeschäfte orientiert“, erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lagarde. Die französische Ministerin hatte zuvor als erstes ausländisches Regierungsmitglied an einer Kabinettssitzung in Berlin teilgenommen. Der deutsche Bankensektor inklusive der Sparkassen und Volksbanken solle pro Jahr „bis zu 1,2 Milliarden Euro“ aufbringen, so Schäuble. Dieses Geld werde in einen Fonds fließen, um für die Finanzkrisen der Zukunft vorzusorgen. Damit will die Regierung verhindern, dass die Steuerzahler für sämtliche Kosten von Spekulationskrisen aufkommen müssen. Bis zur Sommerpause soll ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegen.


Die französische Ministerin begrüßte einerseits „die Stabilitätsabgabe“. Andererseits sagte sie aber auch, dass die französische Regierung weiterdenke. „Ich will das bestmögliche Instrument“, so Lagarde. Das sei möglicherweise nicht die Bankenabgabe, sondern eine Steuer auf bestimmte Finanztransaktionen, die Lagarde gegenwärtig prüfen lässt. Als Vorteile einer Steuer nannte sie, dass nicht nur Banken, sondern auch andere Finanzinvestoren wie Hedgefonds erfasst würden. Außerdem würden die Einnahmen nicht nur in einen Fonds für die Zukunft fließen, sondern sehr bald im Staatshaushalt zur Verfügung stehen. Lagarde betonte, die Regierungen müssten „innovative Finanzierungsquellen“ finden, um den globalen Klimaschutz und die Entwicklungshilfe zu bezahlen.


International geht die Diskussion hin und her. Die österreichische Regierung plädiert für die Einführung einer internationalen Transaktionssteuer auf eine Vielzahl von Finanzgeschäften. Das belgische Parlament hat vor Jahren bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Und im November sprach sich selbst der britische Premier Gordon Brown für die Steuer aus. US-Finanzminister Timothy Geithner ist dagegen, Präsidentenberater Paul Volcker, wie man hört, aber dafür. Der Internationale Währungsfonds wird demnächst einen Bericht zu den unterschiedlichen Varianten vorlegen. Die EU plant ein gemeinsames Vorgehen, eine Lösung ist aber noch nicht in Sicht.


Vor diesem Hintergrund forderte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß die Bundesregierung auf, ebenfalls eine Finanzmarktsteuer einzuführen. Diese könne bis zu zehn Milliarden Euro jährlich allein für den deutschen Staatshaushalt erbringen. Wirtschaftsverbände, sowie die Sparkassen und Volksbanken kritisierten dagegen selbst die Abgabe von einer Milliarde Euro. Die kleinen Institute gehörten nicht zu den Verursachern der Finanzkrise, argumentierte Uwe Fröhlich, der Präsident des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken.


Einig sind sich die französische und deutsche Regierung darin, ein „Abwicklungsregime“ für marode Banken zu entwickeln. Auch das will die Bundesregierung in einem Gesetzentwurf regeln. Im Krisenfall müsse es leichter werden, Pleite-Banken „entweder zu restrukturieren oder abzuwickeln“, sagte Schäuble. Die Bankenaufsicht wird mehr Eingriffsrechte erhalten, um die Teile von Instituten, die für das Funktionieren des gesamten Systems wichtig sind, zu verstaatlichen und zu sanieren. Die Rechtsposition der Anteilseigner und Gläubiger der jeweiligen Bank wird beschnitten, die Haftung der Vorstände verstärkt. Die Aufteilung, Abwicklung und Sanierung von bankrotten Instituten soll künftig in der Hand der Bundesanstalt für Finanzmarktkstabilisierung liegen, die heute schon den Bankenrettungsfonds Soffin verwaltet.

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