Aigner lässt Antibiotika-Fleisch erfassen
Schritt gegen gesundheitsgefährdende Resistenzen bei Fleischkonsumenten
17. Sep. 2012 –
Fleisch von Hühnern, Schweinen und Rindern soll etwas gesünder werden. Verbraucher- und Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) hat sich vorgenommen, die Gesundheitsgefahren des Antibiotika-Einsatzes in der Fleischproduktion für Menschen zu verringern. Dem dient eine Novelle des Arzeneimittelgesetzes, die das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch beschließen will.
Es geht um die Antibiotika, die Landwirte ihren Masttieren verabreichen, um sie gegen Krankheiten zu schützen und schneller wachsen zu lassen. Auf dem Weg über das Grillhähnchen, das Schweineschnitzel oder den Kasseler Braten geraten die Antibiotika in den menschlichen Organismus, wo sie Resistenzen auslösen können. Wird der Mensch krank, kann es deshalb passieren, dass das vom Arzt verschriebene Penizilin nicht mehr wirkt. Deshalb will Aigner mittels der Gesetzesänderung nun Verbesserungen in den Mastbetrieben erreichen.
Das Problem ist gravierend. In einer erstmals erhobenen Stastistik hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unlängst ermittelt, dass die Industrie 2011 die erstaunlich hohe Menge von 1.734 Tonnen Antibiotika an Tierärzte in Deutschland verkauft hat. NRW veröffentlichte Ende des vergangenen Jahres eine Untersuchung, derzufolge fast alle Masthähnchen Antibiotika bekommen.
Die Landwirte werden künftig verpflichtet, genaue Daten beispielsweise zur Behandlungsdauer mit Antibiotika oder zur Zahl der behandelten Tiere in eine neue bundesweite Datenbank einzugeben. Anhand dieser Angaben lässt sich bald ein bundesweiter Tierbehandlungsindex bestimmen. Jeder Mastbetrieb erhält Einsicht und kann sehen, ob er mehr oder weniger Antibiotika als der Durchschnitt verabreicht.
Liegt der jeweilige Landwirt über dem Mittelwert, soll er die Menge der Arzeneimittel reduzieren. Wenn er Antibiotika weit über dem Durchschnitt einsetzt, können die Veterinärbehörden der Länder Maßnahmen zu Verringerung vorschreiben. Beispielsweise müsste ein Betrieb die Ställe dann eine Woche leerstehen lassen, nachdem das schlachtreife Vieh abtransportiert wurde. Mittels Desinfektion und gründlicher Säuberung soll der Landwirt die Gesundheitserreger beseitigen, bevor er neues Vieh eingestellt.
Im Landwirtschaftsministerium geht man davon aus, dass der Aufwand der Datenerfassung den Betrieben rund 40 Millionen Euro kosten wird. Möglicherweise steigen dadurch die Fleischpreise in den Geschäften.
Im neuen System erfasst sind einstweilen die Betriebe, die Hühner, Schweine und Rinder mästen. Zuchtfirmen, Eierproduzenten und die Milchviehwirtschaft bleibt außen vor, was der Bund für Umwelt und Naturschutz kritisiert. Das Agrarministerium betont dagegen, die größten Probleme mit Antibiotika gebe es in den Mastbetrieben.
Ob und wie der Einsatz der Arzeneimittel abnimmt, will man im Bundeslandwirtschaftsministerium nicht abschätzen. Umzusetzen sei die Neuregelung durch die Bundesländer, heißt es zur Begründung. Diese können im Bundesrat aber auch noch Änderungen erwirken.