Akademisch, männlich – Carsharing wächst weiter

Angebote gibt es in immer mehr Kommunen. Teilzeit-Autos sind nicht gerade billig.

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Von Wolfgang Mulke

29. Feb. 2016 –

Die Zahl der Nutzer von Carsharing-Fahrzeugen steigt weiter deutlich an. Zu Jahresbeginn waren es bereits fast 1,3 Millionen Autofahrer, die sich einen Wagen mit anderen teilen. Mittlerweile findet das Geschäftsmodell auch in kleineren Städte Anhänger. Nach Angaben des Bundesverbands Carsharing (bcs) sind Fahrzeuge derzeit in 537 Städten und Gemeinden verfügbar. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Verbands-Chef Willi Loose.

 

Beim Carsharing teilen sich viele Nutzer den Fuhrpark. Je nach Bedarf können sie die Fahrzeuge für ein paar Minuten oder aber für einen ganzen Urlaub buchen. Zwei grundsätzliche Modelle haben sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Anfangs gab es nur Anbieter mit festen Anlaufstationen, bei denen die Autos abgeholt und später wieder abgestellt werden müssen. Seit ein paar Jahren mischen so genannte „free-floater“ den Markt auf. Bei dieser Variante kann der Wagen überall in einem bestimmten Gebiet abgestellt oder bestiegen werden. Wo ein Auto steht, zeigt eine Smartphone-App an. Mittlerweile wird auch eine Kombination zwischen stationären und flexiblen Einsatzort angeboten.

 

Carsharing ist immer noch Männersache. Nur jeder vierte Kunde ist weiblich. Der bcs führt dies auf die klassische Nähe von Männern zum Thema Auto und Smartphone zurück. Eindeutig in der Mehrzahl sind außerdem Akademiker. Mehr als zwei Drittel der Nutzer haben einen Hochschulabschluss und verfügen über ein Einkommen von mehr als 2.500 Euro. Das geht aus einer Studie von Drive Now, einem der größten Anbieter, hinter dem BMW steht, hervor.

 

„Die Auto-Kurzzeitmiete funktioniert“, stellte die Stiftung Warentest im vergangenen Jahr fest. Die Verbraucherschützer haben elf Anbieter in 15 Städten geprüft. Abgesehen von einigen für die Kunden ungünstigen Klauseln in den Geschäftsbedingungen gab es vor allem positive Erfahrungen. So erhielten neun Firmen die Note gut, zwei schnitten befriedigend ab.

 

Doch billig ist das Autoteilen nicht. Es gibt verschiedene Tarifmodelle. Häufig wird ein Aufnahmebeitrag verlangt. Im vergangenen Jahr lagen die Kosten dafür zwischen Null und 50 Euro. Der günstigste Kleinwagen wird laut Warentest für ein Wochenende zu Preisen zwischen rund 100 und 250 Euro vergeben. Fur eine Stunde im Stadtverkehr mit einer Fahrleistung von zehn Kilometer verlangen die Firmen zwischen 1,99 Euro und 16,80 Euro. Dazu müssen die Nutzer eine Selbstbeteiligung aufbringen, wenn sie einen Unfall verschulden. Diese Beteiligung kann bis zu 1.500 Euro betragen.

 

Auch wenn die Branche nach wie vor wächst, bedient sie doch nur einen Nischenmarkt von gerade einem einem Prozent des Autoverkehrs. Denn das eigene Auto ist den meisten Menschen zu wichtig, als dass sie darauf verzichten mögen. Geeignet ist Carsharing vor allem für jene, die nur ab und zu für eine kurze Zeit ein Transportmittel benötigen. Auch wer keine Lust hat, sich um die Instandhaltung und Pflege eines Autos zu kümmern, ist bei den Firmen gut aufgehoben.

 

Ungeeignet ist eine Mitgliedschaft bei einem der knapp 150 Anbieter für Pendler und Anwohner an den Rändern der Städte. Auch bei der Verlässlichkeit müssen Kunden Abstriche machen, weil eventuell gerade kein passendes Fahrzeug bereit steht. Teuer wird es für jene, die zwar gar keine lange Strecken absolvieren, dafür aber ausgiebige Stopps einlegen. Denn in der Regel enthält der Preis eine Zeitkomponente.

 

Der Chef des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, sieht im Teilzeitauto keine Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr. Das Gegenteil sei der Fall. Es sei eine gute Ergänzung des Angebots an Bussen und Bahnen, sagt Wolff. Wenn man an die Mobilität der Zukunft denke, sei schnell klar, dass weiteres Verkehrswachstum nicht mit dem privaten PKW stattfinden kann.

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