Altmaiers Grenzen
Kommentar zum Atomendlager von Hannes Koch
05. Okt. 2012 –
Locker und zugänglich kommt CDU-Umweltminister Peter Altmaier daher. Mit seiner unkomplizierten Art meinte er, die Energiewende und eine Anzahl weiterer komplizierter Themen ruckzuck erledigen zu können. „Bis Ende diesen Monats...“ lautet eine seiner liebsten Formulierungen. In der Auseinandersetzung um das Atomendlager ist Altmaier nun zum ersten Mal deutlich an seine Grenzen geraten. Der vom ihm geplante Verhandlungstermin ist geplatzt.
Werden die abgebrannten Brennelemente der deutschen Atomkraftwerke später im Salzstock unter dem niedersächsischen Ort Gorleben gelagert oder woanders?, lautet die scheinbar einfache Frage. Um sie nach 30jähriger Debatte endlich zu beantworten, ist ein Konsens zwischen der Bundesregierung, der SPD, den Grünen und den Bundesländern, darunter Baden-Württemberg, nötig. Bevor die Wahlkämpfe des Jahres 2013 in ganzer Schärfe losbrechen, wollte Altmaier dieses Problem noch eben lösen.
Aus mehreren Gründen klappt das nicht. Neben der Arbeit an all den anderen Baustellen hat Altmaier nicht genug Zeit und Energie aufgebracht, um den Endlagerkonsens voranzutreiben. Außerdem beginnt der Bundestagswahlkampf 2013 mit der Kür Peer Steinbrücks als rot-grünem Kanzlerkandidat früher, als Altmaier einkalkulierte. So nutzen die grünen und SPD-Spitzen Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel nun die Gelegenheit, den Umweltminister auflaufen zu lassen. Mit ihrer Zurückweisung von Altmaiers Einladung verhindern sie, dass der Umweltminister und die Regierung einen Erfolg verbuchen.
Als Begründung muss herhalten, dass Altmaier im Verlauf des vergangenen halben Jahres der anderen Seite keinen neuen, kompromissfähigen Gesetzentwurf für die Endlagersuche vorlegte. Der Umweltminister sagt dagegen, genau das habe er getan. Wie dem auch sei: Aus Sicht der Bundestagsopposition ist es eine gute Ausgangsposition, wenn man der Regierung den Mühlstein Gorleben vorläufig nicht vom Hals nimmt. An dieser Taktik vermag auch die Kommunikations- und Konsensfreude eines Peter Altmaier nichts zu ändern.