Andere Länder bringen Job und Kinder besser zusammen

Serie: Familie und Zukunft

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Von Wolfgang Mulke

03. Jan. 2012 –

Als Jutta Allmendinger in den achtziger Jahren an der Harvard-Universität ihre Doktorarbeit schrieb, staunte sie erst einmal. Mit 28 Jahren gehörte sie zu den jüngsten, weil junge Frauen in den USA vor der Promotion schon einmal berufliche Erfahrungen sammeln oder eine Familie gründen und erst später wieder an die Hochschule zurückkehren. Ihr Doktorvater war mit einer Professorin verheiratet, die am selben Fachbereich eine Stelle hatte.

 


Von beidem kann Deutschland lernen. „Hier ermöglichen die wenigsten Unternehmen und Institutionen beiden Partnern eine berufliche Perspektive“, bedauert die heutige Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB). Später am Max-Planck-Institut erlebte die Soziologin andere Alltagserfahrungen. Manche Kolleginnen hätten ihre Kinder bei der Einstellung verschwiegen, erinnert sich Allmendinger. Mütter hätten Angst, dass ihnen sonst weniger zugetraut werde.


Wenn es um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht, gibt es anderswo gute Vorbilder. Der Nutzen liegt auf allen Seiten. Die Familien profitieren durch ein höheres Einkommen, der Staat durch geringere Sozialausgaben und wachsende Steuereinnahmen, die Unternehmen können bei zufriedenen Müttern oder Vätern im Betrieb auf eine höhere Motivation und Bindung an den Betrieb bauen. „Aufgrund der niedrigen Bevölkerungszahl werden wir es uns nicht mehr leisten können, die Gruppe der Frauen und Niedriggebildeten links liegen zu lassen“, ist Allmendinger überzeugt.


Ein paar Vergleichszahlen belegen den Einfluss der finanziellen Förderung. Deutschland gibt laut OECD 2,8 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Familienförderung aus und liegt damit im oberen Mittelfeld. Trotzdem ist die Geburtenrate niedrig. Frankreich und Dänemark lassen sich mit 3,7 Prozent des BIP ihren Nachwuchs deutlich mehr kosten. Gerade die Franzosen sind besonders fortschrittlich bei den Rahmenbedingungen für junge Familien. So unterstützt der Staat steuerlich nicht die Ehe, sondern die Kindererziehung durch ein Familiensplitting, bei der jedes Kind zu einer geringeren Steuerlast beiträgt. Ein Kindergeld gibt es noch dazu. Außerdem geben die Französinnen ihren Nachwuchs traditionell früh in eine Betreuungseinrichtung. Die beruflichen Auszeiten sind dadurch kurz.


Bei einer Untersuchung der Stiftung für Zukunftsfragen gaben die Dänen, gefolgt von den Franzosen und den Griechen ihrem Land die besten Noten als kinderfreundliche Länder. „Dies sind zumeist auch die Nationen, in denen die Quote von berufstätigen Frauen besonders hoch ist und traditionelle Rollenmuster wenig gesellschaftliche Anerkennung erfahren", erklärt Autor Ulrich Reinhardt. Während 86 Prozent der Dänen ihr Land als kinderfreundlich einstufen, sind es in Deutschland nur 21 Prozent. Das deutet Nachholbedarf an.


Es gibt kein Land, das alles richtig gut eingerichtet hat. Deutschland hat zum Beispiel auch Stärken, die anderen als Vorbild dienen könnten. So ist die Jugendarbeitslosigkeit zwischen Flensburg und Passau viel niedriger als in vielen anderen Staaten. Auch das ist letztlich eine Plus, dass den Familien zugute kommt.





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