Angriff auf Fernverkehrsmonopol

Auf der Strecke von Hamburg nach Köln bekommt die Deutsche Bahn Konkurrenz / HKX will mit dem Konzern mit Billigpreisen Kunden abjagen

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Von Wolfgang Mulke

02. Jul. 2012 –

Mit Kampfpreisen will das neue Eisenbahnunternehmen Hamburg-Köln-Express (HKX) der Deutschen Bahn Kunden abjagen. Auf der lukrativen Strecke will die Privatbahn zwischen 20 und 60 Euro für die einfache Fahrt verlangen. Bei der Bahn kostet eine Reise über die gesamte Distanz wenigstens den Sparpreis von 29 Euro. Am 23. Juli will HKX den ersten Zug vom Rhein an die Alster schicken. Drei Zugpaare verkehren dann zwischen beiden Großstädten. Noch sind keine Tickets dafür erhältlich. Erst am 4. Juli startet der Vorverkauf im Internet und über eine Telefonhotline. Auch der Fahrplan wird erst am kommenden Mittwoch freigeschaltet. Dann lassen sich die Züge des Neulings auch im Fahrplan der Deutsche Bahn finden.


HKX greift die Deutsche Bahn auf einer Paradestrecke an. Die Tour führt durch das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen mit Haltestellen in Osnabrück, Münster, Duisburg, Gelsenkirchen, Essen und Düsseldorf. „Über weitere Strecken denken wir zu einem späteren Zeitpunkt nach“, erläutert Firmensprecherin Renate Bader. Auf die Konkurrenz regiert die Bahn gelassen. „Wir werden unser Angebot wie bisher weiterführen“, kündigt ein Sprecher an. Auf einen Preiskampf will sich der Konzern zunächst also nicht einlassen.


Bislang hat die Deutsche Bahn auf Fernstrecken ihr Monopol weitgehend erhalten können. Lediglich zwischen Rostock und Leipzig verkehrt ein Fernzug des Unternehmens Interconnex, das ebenfalls mit günstigen Tickets um Kunden wirbt. Ansonsten herrscht der bundeseigene Konzern das Fernverkehrsnetz. Nur im Nahverkehr und beim Gütertransport ist der Wettbewerb bisher in Gang gekommen.


Die fehlende Konkurrenz hat gute Gründe. Für Neueinsteiger ist der Einstieg in das Geschäft mit Fernreisen teuer und riskant. Denn anders als im Nahverkehr sind die Erlöse daraus nicht garantiert. S- und Regionalbahnen werden von den Ländern oder den Kommunen bestellt und bezahlt. Im Fernverkehr arbeiten die Unternehmen komplett auf eigene Rechnung. Auch die Triebwagen und Waggons müssen erst einmal finanziert werden. HKX hat zum Beispiel bisher 16 Millionen Euro investiert, um sich auf einer gewöhnlich gut ausgelasteten Strecke mit der Bahn zu messen.


Die Ausgaben halten sich noch in Grenzen. Neue Züge sind um ein vielfaches teurer. HKX kooperiert daher mit dem Eisenbahnunternehmen Veolia, das die Technik für die Verkehrsverbindung stellen wird, inklusive der Lokführer und den Instandshaltungswerken. Gefahren wird vergleichsweise alten Zügen aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Ausstattung entspricht der der damaligen 1. Klasse. Ein Zug fährt mit jeweils sechs Waggons. Fünf davon sind der preisgünstigen Basisklasse zugeordnet, im sechsten ein Komfortbereich angeboten, in dem unter anderem eine Mahlzeit an den Platz geliefert wird. Im gesamten Zug sollen Tische mit Steckdosen und Internetverbindung verfügbar sein.


Andere Konkurrenten der Bahn auf langen Strecken müssen noch auf den Startschuss für den Wettbewerb warten. Denn noch ist der Omnibusverkehr als weitere Konkurrenz zur Bahn nicht freigegeben. Bund und Länder verhandeln noch über Details der Regelung, die den Bussen den Weg frei machen wird. „Wir rechnen fest damit, dass es noch in diesem Jahr passieren kann“, heißt es beim Verband der Omnibusunternehmen. Anfang nächsten Jahres könnte dann auch auf der Strasse eine Billigkonkurrenz zum Schienenverkehr zum Angriff blasen.

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