Arbeitsministerium regelt Hartz IV neu

Mehr Sachleistungen und Wohnkostenpauschalen / Die Höhe der Regelsätze wird erst nächste Woche bekannt gegeben

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Von Wolfgang Mulke

20. Sep. 2010 –

rDie vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung des Arbeitslosengeldes II (Alg II) steht. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung beinhaltet neue Sachleistungen für Kinder als „Bildungspaket“. Außerdem dürfen die Kommunen die Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger künftig als Pauschalen bezahlen. Die entscheidenden Zahlen fehlen im Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums noch. Wie hoch der Regelsatz für die Empfänger des Arbeitslosengeldes zwei künftig sein wird, will Ministerin Ursula von der Leyen erst in der kommenden Woche verraten.

 

Insgesamt werden vier Themen neu geregelt. Heftig umstritten ist das von der Ministerin geplante Bildungspaket. Damit werden die Bildungsausgaben bei der Bemessung der Leistungen für Kinder stärker berücksichtigt, wie es die Vorgabe des Verfassungsgerichts vorsieht. Ab dem 1. Januar haben die Kinder einen Anspruch auf die Bezahlung von Nachhilfeunterricht, Beiträgen für Sportvereine oder eintägige Schulausflüge. Außerdem bezahlt das Ministerium ein warmes Mittagessen in der Schule. Wofür die Familien das auf einer Chipkarte gespeicherte Guthaben der Kinder einsetzen, bleibt ihnen überlassen. 480 Millionen Euro sind dafür insgesamt vorgesehen.

 

Ob die Einführung dieser Leistung zum 1. Januar reibungslos klappt, ist fraglich. „Die logistische Herausforderung ist erheblich“, räumen Fachleute des Ministeriums ein. Denn bis die Chipkarte überall verwendet werden kann, wird es wenigstens ein halbes Jahr dauern. Bis zum Jahresende sollen die Kommunen und die Jobcenter zusammen mit den Trägern der Leistungen Übergangslösungen entwickeln, zum Beispiel Pauschalen Zahlungen der Jobcenter für einzelne Angebote. Die Chipkartenlösung selbst ist selbst innerhalb der Regierung höchst umstritten. Die CSU lehnt das Modell ab, weil sie Missbrauch und zu viel Bürokratie befürchtet.

 

Geändert werden auch die Regelungen für Leistungskürzungen, wenn gegen Anordnungen der Jobcenter verstoßen wird. „Es geht nicht darum, die Sanktionen zu verschärfen“, betont das Ministerium. Es soll klar gestellt werden, was als Pflichtverletzung gewertet wird, dass Sanktionen innerhalb von drei Monaten nach dem Fehlverhalten ausgesprochen werden müssen und welche Dauer sie haben.

 

Die Kommunen erhalten künftig mehr Spielraum im Umgang mit den Kosten für das Wohnen der Langzeitarbeitslosen. Städte und Gemeinden dürfen die Unterkunftskosten pauschalieren. Die Höhe soll sich nach den örtlichen Gegebenheiten richten. Ferner werden auch die Möglichkeiten erweitert, die Miete direkt an den Vermieter zu überweisen, wenn sonst die Gefahr besteht, dass sie nicht beim Hausbesitzer ankommt.

 

Der wichtigste Teil des Gesetzes ist die Neuregelung der Regelsätze. Die Methode lässt vermuten, dass die Betroffenen künftig mehr Geld erhalten und die Leistungen künftig stärker erhöht werden als die Renten. Das Existenzminimum muss künftig realitätsnah und transparent berechnet werden. Dazu zieht die Regierung die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe heran, die alle fünf Jahre das Ausgabenverhalten der Deutschen analysiert. Der Bedarf der Langzeitarbeitslosen wird am Konsum der unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher gemessen. Dabei werden die Empfänger von Sozialleistungen jetzt aber herausgerechnet. Allein dadurch wird es vermutlich zu höheren Regelsätzen kommen als bisher. Neu ist auch, dass die Praxisgebühr und ein Internetanschluss in den Leistungskatalog aufgenommen werden. Ob und wo es zu Abschlägen und Kürzungen bei den insgesamt 240 Positionen der Ausgaben für das tägliche Leben kommt, ist dagegen noch nicht bekannt. Schließlich wird es neue Anpassungsformeln für die Höhe der Regelsätze geben. Bisher wurden die Leistungen im Gleichschritt mit den Renten erhöht. Künftig soll die jährliche Anpassung zu 70 Prozent aus der Teuerungsrate und zu 30 Prozent aus der Nettolohnentwicklung abgeleitet werden. Wahrscheinlich steigen die Hartz-IV-Sätze damit stärker an als die Renten.

 

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