Armutszeugnis für die Politik

Die EU beschließt Abgastests auf der Straße ab 2017. Eine halbherzige Antwort auf den VW Skandal.

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30. Okt. 2015 –

Die Automobil-Lobby hat sich mal wieder durchgesetzt. Der Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung von realistischeren Abgastests auf der Straße, den sogenannten Real Driving Emissions (RDE), ab 2017 wurde von den Mitgliedstaaten zwar angenommen, aber aufgeweicht. Der bisher geltende Grenzwert für Stickstoffoxid (NOx) darf jahrelang das 2,1-fache betragen, also mehr als doppelt so viel. Ein Armutszeugnis für eine Politik, die ihre eigenen Regeln aufweicht und Unternehmen viel zu zögerlich entgegentritt.

 

Die Hersteller bräuchten Zeit, um den neuen Vorgaben entsprechen zu können, heißt es in Brüssel. Neue Vorgaben? Es bleiben in Zukunft die selben Grenzwerte für NOx, die auch heute schon gelten und von den Autoherstellern eigentlich erfüllt werden müssen. Die Autohersteller hatten Zeit genug, um sich auf die verschärften Grenzwerte einzustellen. Investitionen in die Entwicklung von verbrauchsärmeren Motoren und Systemen zur Abgasreinigung hätten bereits vor Jahren erfolgen müssen.

 

Doch für die Autobauer sind große Investitionen rote Zahlen in den Büchern, die den Gewinn des Unternehmens mindern. Ex-Volkswagen-Chef Martin Winterkorn beklagte im vergangenen Jahr, jedes Gramm CO2, das VW in seiner Flotte einspare, koste den Konzern „fast 100 Millionen Euro im Jahr“. Volkswagen griff deshalb lieber zur Betrugs-Software.

 

Der Beschluss der EU-Mitglieder belohnt die Autobauer regelrecht dafür, jahrelang nichts getan zu haben. Anstatt dem Betrügen ein Ende zu setzen, und die beschlossenen Grenzwerte konsequent durchzusetzen, weichen die EU-Mitgliedstaaten, allen voran natürlich Deutschland, ihre eigenen Beschlüsse auf. Sie erlauben den Herstellern, Investitionen auf Übermorgen zu verschieben.

 

Es geht um die Glaubwürdigkeit der Politik. Die ambitionierten Klimaschutzziele, die sich Deutschland und die EU selbst gestellt haben, sind nicht zu erreichen, wenn die Wirtschaft weiterhin nur mit Samthandschuhen angefasst wird. Die Politik des Aufschiebens nutzt weder dem Verbraucher, noch den Unternehmen. Denn früher oder später wird die Automobilindustrie in die Forschung investieren müssen. Deshalb gilt: Besser Heute als Morgen.

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