Auch Bio hat Schwächen

Ökoprodukte sind zwar teurer, aber nicht immer besser

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Von Wolfgang Mulke

27. Mai. 2010 –

 Neun von zehn Bundesbürgern haben im vergangenen Jahr im Supermarkt wenigstens einmal zu Ökoprodukten gegriffen. Dabei sind Bio-Würstchen, Fischstäbchen oder Öle deutlich teurer als vergleichbare Angebote aus üblicher Herstellung. Bis zu 50 Prozent mehr kostet die sanft hergestellte Ware. Ob sich der Mehraufwand lohnt, ist nach Einschätzung der Stiftung Warentest indes zweifelhaft. „Biolebensmittel sind im Durchschnitt nicht besser als herkömmliche Produkte“, heißt es in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Test.

 

Die Stiftung hat mehr als 50 Vergleichstests der letzten Jahre ausgewertet. Nur bei wenigen Angeboten schnitten die Ökowaren besser ab. Frische Biomilch oder -würzöle waren den konventionellen Konkurrenten überlegen. Enttäuschende Resultate erbrachte dagegen ein Test von Babynahrung. Gerade einmal befriedigend wurde das Beste von 13 Produkten bewertet. Keime oder Schadstoffe fanden die Prüfer zwar nicht, doch ein zu geringer Gehalt an Vitamin C und Fett sorgte für die durchschnittlichen Noten. Immerhin stellten die Warentester auch Verbesserungen fest.  Biomargarine schmeckt nicht mehr so seifig wie früher und die Keimbelastung von Räucherlachs ging zurück.

 

Gerade beim Kauf von Bioerzeugnissen spielt das Vertrauen eine große Rolle. Dies bezieht sich nicht nur auf die Qualität der Waren. Viele Kunden bezahlen auch deshalb gerne mehr beim Einkauf, weil sie etwas für den nachhaltigen Umgang mit der Natur, gegen die Ausbeutung von Erzeugern und Ressourcen in den ärmeren Ländern tun wollen. Hier können sich die Verbraucher wohl auf der sicheren Seite wähnen. Denn obgleich es keine hundertprozentige Sicherheit vor Betrug gibt, zeigen die Stichproben der Tester doch, dass die Firmen ihre Versprechen weitgehend einhalten. Kaffeebauern bekommen die höheren Preise für fair gehandelte Bohnen weitergereicht und Fleischverarbeiter behalten die gesamte Lieferkette im Auge und nehmen so Einfluss auf die ökologische und soziale Verträglichkeit der Produktion. Das ist für sich genommen schon ein guter Kaufgrund.

 

Von Skandalen ist die Branche nicht frei, wie die jüngsten Funde von Dioxin in Bioeiern zeigen. Die Unschuld vom Lande gibt es auch hier nicht. Trotz all der Schwächen besteht kein Zweifel am Erfolg der Biobauern und der Verarbeiter. Die vergleichsweise junge Konkurrenz bringt die konventionelle Lebensmittelindustrie auf Trab. Deren Produzenten geben sich mehr Mühe, weil sie sonst Kunden verlieren. Ein gutes Beispiel dafür ist das mittlerweile umfangreiche Angebot an Lebensmitteln ohne Konservierungsstoffe. Diesen Boom hätte es ohne die Vorbilder aus der Biobranche nicht gegeben. Außerdem hält das Thema Bio die Diskussion um eine gesunde Ernährung in Gang. Es gibt also keinen Anlass für eine überzogene Kritik an der Ökowirtschaft, die trotz aller Schwächen eine lobenswerte Vorreiterrolle eingenommen hat.

 

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