Aufstieg und Fall des Wendelin Wiedeking

Erfolgreich, umstritten, überheblich – der ehemalige Porsche-Chef scheitert an seiner Hybris

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Von Hannes Koch

23. Jul. 2009 –

Mit Wendelin Wiedeking hat einer der erfolgreichsten und umstrittensten Manager der Republik seinen Posten eingebüßt. Der heute 56jährige Wiedeking bewahrte den Sportwagenhersteller Porsche vor dem Niedergang, machte ihn zum profitabelsten Autobauer der Welt, löste durch sein enormes persönliches Gehalt aber auch heftige Debatten über die Gerechtigkeit in Deutschland aus.


Gescheitert ist Wiedeking an seiner Hybris, den viel größeren Volkswagen-Konzern übernehmen zu wollen. „Ich habe keine Angst. Nie.“, sagte Wiedeking einmal in einem Interview. Diese Furchtlosigkeit hat ihn dazu verleitet, den Machtkampf mit Ferdinand Piech, dem Aufsichtsratschef von VW zu unterschätzen. Piech, dessen Familie zu guten Teilen auch an Porsche beteiligt ist, eilt der Ruf voraus, noch jeden Manager auszumanövrieren, der ihm nicht passt. Selbst Wolfgang Porsche, Oberhaupt der Familie Porsche und zugleich Chef des Porsche-Aufsichtsrats, konnte und wollte Wiedeking zuletzt nicht mehr stützen.


Sein Leben durcheilte Wiedeking bis vor kurzem ohne öffentlich bekannte Niederlagen. Geboren im westfälischen Städtchen Aahlen, studierte er Maschinenbau in Aachen und promovierte mit der Auszeichnung „summa cum laude“. Ab 1983 übernahm Wiedeking Führungsaufgaben bei Porsche, wechselte später in den Vorstand eines Automobilzulieferers, und zog 1992 in den Vorstand des angeschlagenen Sportwagenbauers ein. Die Aufgabe, die er selbst als „Löwennummer“ bezeichnete, meisterte er mit Bravour. Ehrgeiz und Härte gegen andere waren seinem Fortkommen nicht abträglich. Wenn es Wiedekings Interessen diene, schieße er „auf die eigene Jagdgesellschaft und nicht aufs Reh“, sagte ein Bekannter über den Porsche-Chef.


Viele Jahre dienten diese Qualitäten dem Erfolg des Unternehmens. Um Porsche aus der Verlustzone zu führen, strich der Vorstand 2.800 von 9.000 Arbeitsplätzen, führte kostensparende Produktionsverfahren ein und ließ extrem erfolgreiche Sportwagen-Modelle entwickeln. Die 911er, Boxster und Caymans fuhren vor der Krise im Durchschnitt 20 Prozent Rendite ein. Porsche wurde der profitabelste Autobauer der Welt. Der Umsatz stieg von 1,37 Milliarden (1992) auf 7,47 Milliarden (2008).


Wiedeking ist nicht nur ein harter Unternehmen, sondern streitet auch öffentlich für seine wirtschaftspolitischen Überzeugungen. So weigerte er sich ab 2001, Quartalsberichte über die Zahlen des Unternehmens herauszugeben. Die Diktatur der Börse und das kurzatmige Gewinninteresse der Investoren schadeten der Firma, meinte Wiedeking. Er nahm es hin, dass Porsche aus dem Börsenindex MDax verbannt wurde. Sein partieller Widerstand gegen die Logik des Finanzmarktes trug ihm die Sympathie von Globalisierungskritikern, Linken und Linksliberalen ein.


Das öffentliche Bild Wiedekings änderte sich allerdings rapide, als sein gigantisches Gehalt zum Gegenstand der Debatte wurde. Nach Angaben des Manager Magazins erhielt der Porsche-Chef 2008 etwa 77,4 Millionen Euro. Weit vor dem ebenfalls umstrittenen Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann war Wiedeking damit der bestbezahlteste Manager Europas – unter anderem ein Ergebnis der Spekulationen mit VW-Aktien. Weil viele Bürger und Politiker derartige Spitzengehälter für unanständig halten, setzte sich die SPD in der großen Koalition für die Begrenzung der Managerbezüge ein.


Als Abfindung für sein Ausscheiden vor Vertragsende erhält Wiedeking nun 50 Millionen Euro. Die Hälfte davon will er in eine Stiftung einzahlen, die sich um „eine sozial gerechte Entwicklung an allen Porsche-Standorten“ kümmern soll. Außerdem bedachte er einige Stiftungen, die verarmte Journalisten unterstützen.

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