Auftrag der Bürger, nicht der Banken

Schäubles Vorhaben der Bankentrennung

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Von Hannes Koch

31. Jan. 2013 –

Menschen sind lernfähig, Regierungen auch. Deshalb zieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nun eine weitere Konsequenz aus der Finanzkrise, die uns seit 2007 zu schaffen macht. Er schlägt dem Bundestag nichts weniger vor, als Institute wie die Deutsche Bank und die Commerzbank in zwei Teile aufzuspalten - in risikoarme und risikoreiche Geschäfte. Damit würde die Wahrscheinlichkeit sinken, dass in der nächsten Finanzkrise wieder die Steuerzahler die Rechnung für die Zockerei der Banken bezahlen.


Was bedeutet Schäubles Gesetzentwurf konkret? Großbanken sollen ihr Einlagengeschäft mit Privatkunden und Unternehmen vom sogenannten Eigenhandel trennen. Einlagen- oder Kundengeschäfte sind beispielsweise Giro- und Tagesgeldkonten, Konsum- und Immobilienkredite, Darlehen an Unternehmen und Anleihen für Firmen. Mit „Eigenhandel“ sind dagegen solche Transaktionen gemeint: Eine Großbank nimmt 200 Millionen Euro eigenes Geld, leiht sich fünf Milliarden Euro dazu, kauft dafür Wertpapiere auf eigene Rechnung und versucht diese mit Gewinn weiterzuveräußern. Sollte ihr das nicht gelingen, weil der Kurs unerwarteterweise verfällt, erleidet das Institut möglicherweise einen Milliardenverlust.


Bisher konnte die Bank diesen Verlust einstweilen auch mittels der Einlagen der Privatkunden und Unternehmen decken – praktisch für die Bank, aber gefährlich für die Kunden. Um den Zusammenbruch von Finanzinstituten zu verhindern, die Konten der Bürger zu schützen und die Geldversorgung der Gesellschaft am Laufen zu halten, sprang deshalb in den vergangenen Jahren der Staat ein. Die Rettungsaktionen kosteten und kosten die öffentliche Hand mindestens zweistellige Milliardenbeträge. Derartige Summen bezahlen in letzter Konsequenz wir, die Bürger, in unserer Rolle als Steuerzahler. Dieser Zusammenhang verbirgt sich hinter der neudeutschen Formulierung „too big to fail“ - zu groß, um pleitezugehen. Die Großbanken können die Gesellschaft erpressen.


Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung die fatale Verbindung zwischen Kundengeschäft und Eigenhandel nun zu unterbrechen versucht. Gelänge dies, könnte die Bankenaufsicht einem in Schieflage geratenen Finanzinstitut sagen: „Sie haben sich mit risikoreichen Investmentgeschäften übernommen? Ihr Problem. Falls das Eigenkapital des Teils der Bank, der den Eigenhandel abwickelt, nicht mehr ausreicht, müssen Sie für diese Sparte Insolvenz anmelden.“ Das wäre dann zum der Schaden der Aktionäre und Manager, ginge aber nicht mehr primär zu Lasten der Bürger, Steuerzahler und des Staates.


Die Frage ist nun allerdings, ob der Gesetzentwurf der Regierung in dieser Hinsicht konsequent ist. Hält er, was man sich von ihm verspricht? Hier sind Zweifel angebracht. Denn beim Blick in die Details zeigt sich, dass eine Bank ihren risikoreichen Eigenhandel beispielsweise dann nicht in eine eigenständige Gesellschaft unter dem Dach der Holding abspalten muss, wenn die Spekulationen im Auftrag der Kunden geschehen. Unter dieser Voraussetzung dürfte die Kombination aus Kundengeschäft und Zockerei erhalten bleiben. Das Risiko bliebe das gleiche – nicht mehr im Namen der Bank, aber immer noch innerhalb der Bank.


So ist das Leben, so ist die Politik. 2008 habe viele einen großen Schreck bekommen – in den USA brach die Lehman-Bank zusammen, in Deutschland die HRE. Die Rede war von der schlimmsten Finanzkrise seit 1929. Die Regierungen bewegten sich. Erstaunlich schnell verwandelten sie die G20, die Gruppe der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen, zur eigentlichen Weltregierung. Ein neuer Geist der internationalen Kooperation hielt Einzug. Allenthalben begannen Bemühungen zur Regulierung des stark gewachsenen und außer Kontrolle geratenen Finanzsektors. Die USA, Großbritannien und auch die EU-Kommission machten sich unter anderem an das Vorhaben der Bankentrennung. Eine Folge davon ist nun Schäubles Gesetzentwurf. Doch parallel zur Initiative der Regierungen und Parlamente erholten sich auch die Großbanken. Ihre Manager und Lobbyisten machen mittlerweile wieder den gewohnten Job: Sie versuchen der Politik allzu strenge Regulierung auszureden. Und das merkt man Schäubles Vorschlag an.


Wie Menschen können auch Regierungen lernen – und manchmal sind sie dazu bereit. Allerdings nimmt ihre Lernfähigkeit erheblich zu, wenn die Bürger klarmachen, in wessen Interessen die Regierenden eigentlich handeln sollten.

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