Ausnahme

Kommentar

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Von Wolfgang Mulke

30. Mai. 2012 –

Familienministerin Kristina Schröder macht Dampf beim Ausbau der Tagesbetreuung von Kleinkindern. Das ist erst einmal gut, denn es fehlen je nach Schätzung noch rund 200.000 Plätze für die unter Dreijährigen. Ob es mit dem nun beschlossenen Programm gelingt, die bestehende Lücke zu schließen, ist allerdings zweifelhaft. Es mangelt an allem, zum Beispiel an Bauten und geeignetem Personal. Die Kritik am Ausbau der Kinderbetreuung greift jedoch zu kurz. Es ist nicht so wichtig, ob nun punktgenau für alle Kinder gesorgt sein wird. Hauptsache, dass Ziel bleibt erhalten, möglichst vielen jungen Frauen die rasche Rückkehr in den Job zu ermöglichen.


Wichtiger wäre eine Gesamtbetrachtung aller familienpolitischer Leistungen, die Bund und Länder erbringen. Mehr als 150 Leistungen für jährlich über 120 Milliarden Euro bilden die Grundlage der Familienpolitik. Kaum ein anderer Staat lässt sich seine Kinder so viel kosten. Die Wirksamkeit kann indes leicht angezweifelt werden. Denn die Geburtenrate ist anhaltend niedrig und Familien klagen nach wie vor, dass sich Beruf und Kinder nicht unter einen Hut bringen lassen. Viel hilft in diesem Fall also nicht viel.


Deshalb gehört die Familienpolitik insgesamt auf den Prüfstand. Forschungsinstitute arbeiten längst an einer Studie über die Wirksamkeit der einzelnen Bestandteile. Die Ergebnisse sollen aber erst im kommenden Jahr vorliegen. Vernünftig wäre es, die Ergebnisse abzuwarten, bevor neue Leistungen oder Initiativen gestartet werden. Doch längst ist die Familienpolitik zu einem Spielball der Politik geworden, weil sich damit leicht Punkte beim Wahlvolk sammeln lassen und ihre Ausrichtung immer noch ideologisch behaftet ist. Also wird schnell noch ein Milliarden teures Betreuungsgeld eingeführt, statt abzuwarten und später eine zielorientierte Förderung der Familien auf den Weg zu bringen.


Das Kitaprogramm ist eine Ausnahme. Der Ausbau der Kinderbetreuung wird von allen Experten als wichtiger Baustein angesehen. Schröder macht also hier nichts falsch, auch wenn sie anderswo wenig zuwege bringt.


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