Autoindustrie will Abgastest entschärfen

Fahrzeugtests: Geht es nach den Herstellern, soll die Überschreitung von Grenzwerten legal bleiben

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Von Hannes Koch

09. Okt. 2015 –

Bessere Testverfahren zeigen die korrekten Abgaswerte der Autos. So soll es bald sein, verspricht Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) als eine Konsequenz aus dem VW-Skandal. Die Fahrzeuge werden dabei künftig nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch unter realistischen Bedingungen auf der Straße getestet. Nun aber kämpft die Autoindustrie dafür, die Straßentests zu entschärfen.

 

Ab 2016 sollen die neuen Testverfahren europaweit verbindlich werden. Die Überarbeitung ist schon länger im Gange. Wegen der Fälschung von Abgaswerten bei Autos des VW-Konzerns entsteht jetzt jedoch zusätzlicher Druck. VW hatte Millionen Diesel-Fahrzeugen Software eingesetzt, die den Schadstoff-Ausstoß im Testlabor niedriger aussehen lässt als er in Wirklichkeit ist.

 

Die künftigen Tests vor der Straßenzulassung eines neuen Pkw-Modells werden aus zwei Teilen bestehen: einer strengeren Überprüfung der Autos im Labor und einer zusätzlichen Kontrolle auf der Straße, die es heute nicht gibt. Dieses Verfahren ist bekannt unter der Überschrift „realistische Fahremissionen“ (Real Driving Emissions, RDE). Die Prüfer testen einen Wagen dann in alltäglichen Situationen – im Stadtverkehr, auf der Autobahn, bei starker Beschleunigung und hoher Geschwindigkeit, mit Beladung und laufender Klimaanlage. Die Versuchsanordnung soll verhindern, dass die Autohersteller nur im Schongang fahren, um möglichst niedrige Abgaswerte zu produzieren.

 

Wie die Kontrollen ablaufen, ist aber noch nicht genau festgelegt. Darüber debattieren Fachleute, Lobbyisten und Politiker gegenwärtig. Die Autoindustrie möchte dabei durchsetzen, dass ihre Fahrzeuge im Straßentest viel mehr Abgase ausstoßen dürfen, als die gültige Norm Euro-6 erlaubt.

 

Ein Beispiel: Nach Euro-6 dürfen Diesel-Pkw höchstens 80 Milligramm Stickoxide (NOx) pro Kilometer emittieren. Vertreter des europäischen Automobilverbandes ACEA schlagen nun aber vor, diesen Wert im Straßentest mit 2,75 zu multiplizieren. Das Fahrzeuge könnte dann also 220 Milligramm Stickoxide ablassen und würde den viel niedrigeren Grenzwert per Definition trotzdem einhalten. Begründung unter anderem: Individuelles Fahrverhalten im realen Verkehr darf man nicht dem Fahrzeug zurechnen.

 

Einen Kommentar dazu wollte der ACEA-Verband mit dem Verweis auf das noch laufende Verfahren bei der EU-Kommission nicht abgeben. Auch Dobrindts Verkehrsministerium erklärte nicht, was es von der Forderung nach dem Beschönigungsfaktor hält.

 

Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte dagegen, man strebe eine „ambitionierte Ausgestaltung des Messverfahrens“ für die Straßentests an. Die Verdoppelung oder gar Verdreifachung der Euro-Norm-Grenzwerte findet keine Zustimmung im Hause von Ministerin Barbara Hendricks (SPD).

 

Heiko Balsmeyer vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) kommentierte: „Die Autohersteller wollen den Straßentest entschärfen. Diesem Druck darf die EU-Kommission nicht nachgeben.“ Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), forderte: „Die Fahrzeuge müssen auf der Straße dieselben Abgaswerte erreichen wie auf dem Prüfstand.“

 

Wobei den Kritikern klar ist, dass selbst ein Faktor von 2,75 – würde er denn eingehalten - noch eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand darstellte. Gegenwärtig liegen die realen Abgaswerte mitunter um das Fünffache oder mehr über den Grenzwerten.

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