Behörden mauern noch zu oft

Datenschutzbeauftragter kritisiert Bundesverwaltungen

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Von Wolfgang Mulke

04. Mai. 2010 –

Dürfen die Verträge zwischen dem Bund und der Mautgesellschaft Toll Collect geheim gehalten werden? Muss das Kanzleramt erklären, welcher Spender den Auftritt der Sternsänger bei der Kanzlerin in der Adventszeit bezahlt, wo und wie viele Kameras setzt die Deutsche Bahn in ihren Stationen ein? Diese und andere Fragen richteten Bürger an die jeweils zuständigen Bundesbehörden. Doch die gewünschten Informationen werden ihnen noch zu oft verweigert. Das meint jedenfalls der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, der allein in den beiden vergangenen Jahren fast 250 Eingaben deshalb bearbeitet hat.  „Es bedarf noch erheblicher Anstrengung, ehe wir eine transparente Bundesverwaltung haben“, kritisiert Schaar. Behörden legen es nach seiner Erfahrung geradezu darauf an, die Bürger durch eine enge Gesetzesauslegung, lange Verfahren und hohe Gebühren zu entmutigen.

 

Seit 2006 hat jedermann einen grundsätzlichen Anspruch auf Auskünfte der Verwaltung. Das ist im Informationsfreiheitsgesetz (IFG) festgelegt worden. Doch einige Ausnahmen schränken die Transparenz der Behörden ein. Diese Möglichkeiten nutzen laut Schaar manche Verwaltungen nach Möglichkeit aus. Insbesondere die Bundesministerien sind negativ aufgefallen. Mit dem Hinweis auf die laufende Regierungstätigkeit weisen die Beamten Nachfragen zu Gesetzgebungsvorhaben zu häufig  zurück. Das Verhalten sei in Hinblick auf die wachsenden Klagen über den Einfluss von Lobbyisten äußerst problematisch, warnt der Datenschutzexperte.

 

Auch bei Vergabeverfahren der öffentlichen Hand mangelt es an Transparenz und Offenheit. Ämter müssen Fakten nicht herausrücken, wenn dadurch die wirtschaftlichen Interessen des Bundes verletzt werden. Das kann in laufenden Verkaufsverhandlungen der Fall sein, wenn der am Ende erzielte Preis durch zu viel Transparenz niedriger ausfällt als nötig. Allerdings kann Schaar nicht nachvollziehen, warum die Verwaltung beispielsweise bei der Veräußerung des Flughafengrundstücks Köln/Bonn auch im Nachhinein keinen Einblick in die Unterlagen gewähren wollte.

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Viel Macht hat Schaar nicht. Doch immerhin konnte sein Amt in 40 Prozent der Beschwerdefälle doch noch zumindest eine teilweise Einsicht in die Akten erreichen. Zufrieden ist der Datenschützer damit noch nicht. Insbesondere das Nebeneinander mehrerer ähnlicher Gesetze mit unterschiedlichen Normen stört den Experten.

 

Insgesamt regeln drei Gesetze die Auskunftsansprüche der Bürger. Neben dem IFG gibt es das Umweltinformationsgesetz und seit 2008 auch noch das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Es erlaubt Privatleuten, bei Landesbehörden deren Erkenntnisse über Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs, also etwa den Gehalt an Chemikalien oder Gammelfleischhändler abzurufen. Eine erste Bilanz des VIG zog zeitgleich mit Schaar das Verbraucherministerium und kam zu einem weitaus positiveren Bild. „Das Gesetz wird sehr bürgerfreundlich gehandhabt“, sagt die zuständige Staatssekretärin Julia Klöckner. Zuvor hatten Umweltverbände ein gegenteiliges Bild gezeichnet und hohe Gebühren, inhaltslose Aussagen und lange Verfahren kritisiert. Klöckner zufolge bleiben 80 Prozent aller Antworten gebührenfrei, werden sieben von zehn fristgemäß übermittelt. Die Dialogbereitschaft der Ämter habe sich verbessert, erläuterte Klöckner, die jedoch keine konkreten Zahlen zum VIG nennen wollte.

 

Drei Gutachten haben die Wirkungsweise des VIG unter die Lupe nehmen. Sie sollen in gut zwei Wochen veröffentlicht werden. Bis Anfang September will Klöckner dann im Internet mit Verbänden und Bürgern über Verbesserungsmöglichkeiten debattieren. Auch eine Zusammenlegung aller Informationsgesetze am Ende schließt die Politikerin nicht aus.

 

 

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