Beratungsprotokoll hilft nur den Banken

Bei einem Test war kein einziges Protokoll vollständig / Finanzaufsicht soll Verbraucherinteressen weiterhin zweitrangig behandeln

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Von Wolfgang Mulke

07. Mär. 2012 –

Von den vollmundigen Ankündigungen der Bundesregierung zu einem besseren Schutz der Kleinanleger und Sparer nach der Lehman-Pleite 2008 wird wohl wenig in die Tat umgesetzt. „Wir sollen nicht wissen dürfen, welche Banken uns übers Ohr hauen“, kritisiert der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen, einen Gesetzentwurf des Finanzministeriums zur Neuordnung der Aufsicht über die Branche. Lediglich Kleinigkeiten würden verbessert.


Nach dem auch dieser Zeitung vorliegenden Entwurf bleibt der Verbraucherschutz bei der Bundesfinanzaufsicht (BaFin) zweitrangig. Wichtigste Aufgabe sei die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kredit-, Versicherungs- und Wertpapiermärkte, heißt es darin, „der Schutz des einzelnen Kunden und Anlegers kann nur ein Rechtsreflex der Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt sein.“ Anders gesagt wird die Behörde von sich aus nicht tätig, auch wenn ihr eigene Erkenntnisse über unlautere Methoden eines Instituts vorliegen.


Immerhin erhalten die Kunden ein Beschwerderecht gegenüber der Finanzwirtschaft. Die BaFin holt dann eine Stellungnahme des Unternehmens ein. Welche Inhalte aus dieser Gegendarstellung an den Verbraucher weiter gegeben werden, entscheidet allein die betroffene Bank oder Versicherung. Darüber hinaus wird ein Verbraucherbeirat eingerichtet. Kosten darf dieser jedoch nichts. „Der Entwurf gehört in die Tonne“, fordert Billen.


Nach Ansicht des vzbv ist auch die Pflicht, Beratungsgespräche bei der Bank zu protokollieren, daneben gegangen. Seit Anfang 2010 müssen die Berater der Banken, Sparkassen und Volksbanken die wesentlichen Inhalte der Kundengespräche schriftlich festhalten und dem Anleger das Protokoll aushändigen. So sollten die Kunden besser vor einer Falschberatung geschützt werden, weil der Nachweis schlechter Anlagetipps nach einem Kapitalverlust leichter beweisbar wäre. In der Praxis sichern sich die Banken nach Einschätzung des Verbands damit aber durch unklare Begriffe und unvollständige Angaben nur gegen etwaige Schadenersatzansprüche ab.


Ein Test der Verbraucherzentralen bestätigt die Kritik. Bei 50 Verkaufsgesprächen in Filialen von Privatbanken, Sparkassen und Volksbanken enthielt nicht ein Protokoll alle vom Kunden gemachten Angaben. Jeder fünfte Tarnkunde erhielt gar keine Mitschrift, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Einzelne Wertpapiere, über die gesprochen wurde, tauchten in neun von zehn Formularen nicht mehr auf. 35 Tester vermissten hinterher Angaben zu den anfallenden Kosten der besprochenen Geldanlagen. Die Risikobereitschaft sowie die persönlichen Vermögensverhältnisse wurden auch kaum einmal umfangreich dargestellt. „Nach wie vor bestimmen die Höhe der Provision und Vertriebsvorgaben über Vertragsabschlüsse und nicht der Bedarf der Verbraucher“, kritisiert der vzbv-Chef.


Der Verband fordert schärfere Schwerter im Kampf gegen die Übervorteilung von Sparern. Verbraucherschutz solle ein explizites Ziel der Finanzaufsicht werden. Denn die Verbraucherzentralen oder die Stiftung Warentest sind machtlos. Organisationen können Missstände zwar aufdecken, doch nicht beseitigen. Zehn Millionen Euro wären laut Billen notwendig, um den Markt zu überwachen und 100.000 Anleger im Jahr unabhängig zu beraten.


Der private Finanzmarkt ist gewaltig. 1,2 Billionen Euro haben die Anleger auf Spar- und Girokonten. Der Wert der Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren, Aktien, Fondsanteilen und anderen Beteiligungen beträgt rund 1,1 Billionen Euro.

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