Berlin will sein Wasser zurück

Senat beschließt Rückkauf der privaten Anteile an den Wasserbetrieben

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Von Wolfgang Mulke

17. Jul. 2012 –

Der Berliner Senat will das Wasser im Boden der Hauptstadt wieder in staatliche Hände nehmen. Die Landesregierung beschloss deshalb am Dienstag den Rückkauf der Anteile des Energiekonzerns RWE an den Wasserbetrieben.


Warum will die Hauptstadt wieder Herr über ihr Wasser werden?


Seit Jahren sind die Bürger der Hauptstadt sauer über die hohen Wasserpreise. Seit die Wasserbetriebe 1999 zum Teil an die beiden privaten Unternehmen Veolia und RWE veräußert wurden, stiegen die Kosten für frisches Wasser und die Entsorgung des Abwassers um 35 Prozent an. Denn in den Kaufverträgen hatte die damalige Regierung den Käufern eine großzügige Zusage gemacht. Den Unternehmen wurde die Höhe des Gewinns garantiert. Da die Erlöse dafür nicht reichten, wurden die Preise immer wieder angehoben.


Sinken die Wasserpreise nun wieder?


Die Berliner müssen bald wieder weniger für das Wasser ausgeben. Das liegt aber nicht am Rückkauf der RWE-Anteile. Vielmehr hat das Bundeskartellamt das Unternehmen zu einer Preissenkung um 17 Prozent verdonnert, weil die Kosten für Unternehmen und Haushalte der Hauptstadt unverhältnismäßig hoch angesetzt sind. Die Wasserbetriebe klagen zwar gegen den Entschluss der Wettbewerbshüter. Doch wenn die Richter der Behörde folgen, muss der Preis rückwirkend stark gesenkt werden.


Musste so ein wichtiges Unternehmen der Daseinsvorsorge überhaupt verkauft werden?


Berlin ist schon lange arm. In den neunziger Jahren wurden die Haushaltslöcher deshalb auch durch den Verkauf von Landeseigentum gestopft. Rund 1,7 Milliarden Euro kamen für die Wasserbetriebe in die leere Stadtkasse. Auch die Gas- und Stromversorger wechselten für viel Geld den Eigentümer. Die Rückabwicklung wird wieder teuer. Fast 620 Millionen Euro bezahlt das Land an RWE. Damit hält Berlin 75 Prozent der Anteile an den Wasserbetrieben. Mit Veolia ist sich der Senat über einen Rückkauf noch nicht einig geworden. Finanziert werden soll das Geschäft aus künftigen Gewinnen aus dem Wassergeschäft, zunächst also auf Pump. Für die Konzerne hat sich das Engagement in Berlin auf jeden Fall gelohnt. Seit der Teilfinanzierung haben sie weit mehr als eine Milliarde Euro Gewinn aus dem Unternehmen gezogen. Auch auf einen Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe können die Konzerne noch hoffen.


Kann Berlin ein Beispiel für andere Kommunen werden?


Es gibt auch andere Beispiele für eine misslungen Privatisierung von öffentlichen Wasserbetrieben. Die schlechtesten Erfahrungen mussten die Londoner machen. Dort war das Wasser danach, wenn es überhaupt aus dem Hahn lief, oft von schlechter Qualität und teuer, bis der Gesetzgeber das Unternehmen zu Investitionen zwang. In Deutschland wollen Kommunen vor allem ihre Energieversorgung gerne wieder in die eigenen Hände nehmen. Aber auch die Wasserwerke haben die Bürger gerne in öffentlichen Händen. Berlin ist kein Pionier auf diesem Gebiet. Auch die Nachbarstadt Potsdam hat die Anteile am Wasserunternehmen wieder zurückgekauft. Aber der Druck auf die Stadtverwaltung war in der Hauptstadt besonders hoch. 660000 Bürger haben in einem Volksentscheid für den Rückkauf gestimmt.

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