Beteiligung ist möglich - aber wenige wissen davon

Zum Plan für die neuen Stromleitungen kann jeder Bürger Stellung nehmen

Teilen!

Von Hannes Koch

29. Mai. 2012 –

Stellen Sie sich vor, es gibt Bürgerbeteiligung, und kaum jemand greift ein. Diese merkwürdige Situation könnte wieder eintreten, wenn am Mittwoch der bundesweite Plan für die neuen Stromleitungen vorgestellt wird. 2011 gab es bereits einen ähnlichen Verfahrensschritt – und kaum ein Bürger nahm davon Notiz.

Damals legten die Netzbetreiber ihre Schätzung vor, wieviele Sonnen-, Wind-, Kohle- und Gaskraftwerke Deutschland in zehn Jahren versorgen sollen. Alle erwachsenen Bundesbürger hätten sich beteiligen können. Tatsächlich gingen 76 Stellungnahmen bei der Bundesnetzagentur in Bonn ein, die die Planung für die Energiewende genehmigen muss.

Am Mittwoch veröffentlichen die vier Betreiberfirmen des deutschen Hochspannungsnetzes nun einen ersten Vorschlag, wo wieviele neue Stromleitungen gebaut werden sollen, um die künftigen Kraftwerke mit den Verbrauchern zu verbinden. Wieder haben alle Bürger und Organisationen die Möglichkeit, kritische Kommentare einzureichen. Die ausgedehnte Bürgerbeteiligung, die auch die Umweltverbände für einen Fortschritt halten, haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat vergangenes Jahr beschlossen.

Der Entwicklungsplan der Netzbetreiber enthält Informationen über die Schwachstellen im Hochspannungsnetz. Zwischen einzelnen geografischen Punkten in Deutschland wird demnach ein Bedarf für den Bau zusätzlicher Leitungen definiert. Diese sollen beispielsweise den Windstrom von Nord- und Ostsee nach Süddeutschland bringen. Aus diesen Schwachpunkten ergeben sich Trassen-Korridore. Fachleute schätzen, dass bis zu 4.000 Kilometer zusätzlicher Hochspannungskabel notwendig sind.  

Und wie können die Bürger in das Verfahren eingreifen? Städte, Landkreise, Firmen, Bürgerinitiativen, aber auch einzelne Einwohner, die sich betroffen fühlen, haben sechs Wochen Zeit, um ihre schriftlichen Stellungnahmen an die Netzbetreiber zu schicken. Die zugrundeliegenden Informationen finden sich ab Mittwoch auf www.netzentwicklungsplan.de.

Die vier großen Netzbetreiber, die den Plan ausarbeiten, müssen die Argumente der Bürger laut Energiewirtschaftsgesetz berücksichtigen. Wie sie das tun, bleibt abzuwarten – das Verfahren findet zum ersten Mal statt. Katja Rottmann, die das Prozedere für Germanwatch begleitet, fordert die größtmögliche Transparenz.

Im Herbst schließt sich eine zweite Runde an, in der sich die Bürger abermals einklinken können. Dann führt die Bundesnetzagentur auch eine strategische Umweltprüfung durch, um Trassenalternativen gegeneinander abzuwägen. Schließlich genehmigt die Agentur den Netzentwicklungsplan, worauf ihn der Bundestag beschließen soll. Gerd Landsberg, der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes forderte die Politik auf, die Bürger schnellstens unter anderem über dieses Verfahren zu informieren.

« Zurück | Nachrichten »