Bezahlbare Neubauwohnungen nicht in Sicht

Wohnungswirtschaft sucht Allianz mit der Politik. Unterschiedliche Mietentwicklung in Stadt und Land. Treiben Baustoffhersteller die Mieten hoch?

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Von Wolfgang Mulke

17. Jun. 2013 –

Die großen Wohnungsbaugesellschaften sehen keine Entspannung für die Mietentwicklung in Ballungsgebieten. Insbesondere für Mieter mit geringem Einkommen wird die Versorgung mit neuen Wohnungen schwierig. „Die Bautätigkeit reicht in den großen Städten noch bei weitem nicht aus, die Nachfragezuwächse aufzufangen“, stellt der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) fest, dessen Mitglieder rund ein Drittel der secchs Millionen Mietwohnung im Land besitzen. Nach jahrelang geringem Neubau fehlen mittlerweile 500.000 Wohnungen, um den Bedarf zu decken.


Vor allem große Städte und Universitätsstandorte sind laut GdW von der Knappheit betroffen. Das macht sich in stark steigenden Mieten bemerkbar. Betroffen sind davon rund 70 Landkreise. Insbesondere in Hamburg, München, Dresden und Berlin steigen die Wohnkosten bei Neuvermietungen stark an. Das gilt aber auch für Hochschulstandorte wie Heidelberg oder Augsburg. Zudem müssen die Mieter die Folgen hoher Baupreise mittragen. Von alleine wird sich die Lage nach Einschätzung von GdW-Präsident Axel Gedaschko nicht wieder normalisieren. „Wir brauchen eine Allianz zwischen Kommunen, Ländern und Bund für den Wohnungsneubau“, fordert er.


Eine gesetzliche Deckelung der Mietpreise bei Neuvermietungen sieht der Verband skeptisch. Denn in der Oberklasse der Mietwohnungen hat die Branche weder Probleme mit der Vermietung noch mit dem Verkauf. Probleme bereitet dagegen die Versorgung mit günstigem Wohnraum mit Mieter mit geringem oder mittleren Einkommen. Hier will die Branche ansetzen. Es brauche Neubauwohnungen, die von Krankenschwestern oder Polizisten bezahlt werden können, erläutert Gedaschko. Dann könnten Angehörige dieser mittleren Berufsgruppen den Wohnraum frei machen, der dringend für Niedrigverdiener oder Hartz-IV-Empfänger benötigt werde.


Möglichkeiten für einen günstigeren Neubau sieht der Verband auch. Gefragt sind danach die Kommunen, die ihr Bauland jetzt oft an den Investor vergeben, der am meisten dafür bezahlt. Statt dessen solle die Vergabe an ein Vermietungskonzept gebunden werden, verlangt der GdW. Billigeres Bauland könnte die Mietpreise in den Neubauten um bis zu 20 Prozent verringern.


Auch die Baupreise selbst macht Gedaschko für die immer höheren Wohnkosten verantwortlich. Während die Preise insgesamt seit dem Jahr 2000 um 22,6 Prozent gestiegen sind, haben die Baukosten um fast 29 Prozent zugelegt. Bei der energetischen Sanierung ist der Unterschied noch größer. Für Dämmmaterial müssen die Bauherren fast 59 Prozent mehr bezahlen, für Warmwasserspeicher, Heizkessel oder Wärmepumpen über 40 Prozent mehr. „Je mehr verkauft wird, desto teurer wird es“, wundert sich Gedaschko, „wir können die Preisentwicklung nicht nachvollziehen.“ Die Branche fordert nun die Einsetzung einer Baukostenkommission, die das Geschäftsgebahren der Hersteller untersuchen soll. Offenkundig hegt der Verband den Verdacht von Preisabsprachen.


Während die Preise in den Ballungsräumen teilweise explodieren, kämpfen ländliche Gebiete mit Abwanderung und Leerstand. Dadurch halten sich die Mieterhöhungen dort auch in engen Grenzen.

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