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Zum Chemiegipfel in Bonn

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Von Björn Hartmann

22. Sep. 2023 –

Kommende Woche treffen sich in Bonn Konzerne, Umweltverbände und Politiker aus aller Welt, um über krankmachende Chemie zu sprechen – wieder einmal. Warum wird dermaßen viel geredet? Wenn die Stoffe giftig sind, sollten sie verboten werden. Fertig. Aber so einfach ist es nicht.

Grundsätzlich kommen wir ohne Chemie nicht aus. Sehr viele Stoffe sind nützlich. Ohne sie würde Regen nicht von Jacken abperlen, die gleichzeitig frische Luft durchlassen. Chemie steckt in Autos, Cremes, lebensmittelechten Verpackungen, Matratzen. Und die sollten bereits jetzt frei sein von giftigen Stoffen.

Bei vielen Chemikalien sind Wissenschaftler uneins, ob und wie gefährlich sie sind, etwa beim Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Ersatzstoffe sind zudem weniger wirksam. Und ob diese allein oder im Mix mit anderen Chemikalien gefährlich sind, ist auch nicht sicher. Außerdem gibt es nicht überall dieselben Schädlinge. Wirkstoffe, die sich in Europa einfach verbieten ließen, sind vielleicht in Afrika unumgänglich, um die Ernten zu schützen. Mancher Stoff zum Beispiel aus der Gruppe der umstrittenen Ewigkeitschemikalien PFAS ist zwingend nötig, um Medikamente oder Dichtungen herzustellen, im Endprodukt aber nicht enthalten. Ohne den Stoff kein Produkt.

Jedes Verbot muss auch kontrolliert werden. Nicht alle Länder weltweit können das gewährleisten. Gerade in ärmeren Staaten sind andere Aufgaben wichtiger, zum Beispiel die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Auch Korruption verhindert oft wirksame Kontrollen.

Und bei allem gilt: Wenn Länder Verbote nicht mittragen oder ignorieren, nützen sie auch nichts. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis das hochgiftige Schädlingsbekämpfungsmittel DDT weltweit aus dem Verkehr gezogen wurde. Es ist also kompliziert. Und deshalb muss viel geredet werden.

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