Bitteres Jahr für Sparer

Geldvermögen weltweit schrumpfen. Besonders Deutsche verlieren Geld

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Von Björn Hartmann

27. Sep. 2023 –

Für Deutschlands Sparer hat sich das vergangene Jahr nicht gerechnet. Das Geldvermögen der Bundesbürger schrumpfte kräftig, mehr noch als in der Finanzkrise 2008 und stärker als das globale Geldvermögen, wie der Allianz Global Wealth Report zeigt. Die Chancen, dass es 2023 besser läuft, sind groß: Die Deutschen deckten sich in einem Maße mit Wertpapieren ein, wie nie zuvor – langfristig hat sich solch ein Verhalten bisher ausgezahlt.

Von einem Jahr des Schreckens sprach Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz. Das globale Geldvermögen sei um 2,7 Prozent geschrumpft – der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise 2008. Damals betrug das Minus 7,8 Prozent. Das Geldvermögen weltweit bezifferte er zum Stichtag 30. September 2022 auf rund 233 Billionen Euro.

Für Deutschland errechneten die Experten ein Minus von 4,9 Prozent – mehr als in der Finanzkrise. Damals verloren die hiesigen Sparer nur 4,5 Prozent. Insgesamt haben die Bundesbürger demnach 7,5 Billionen Euro gespart. Zum Geldvermögen zählen Bankeinlagen wie Tagesgeldkonten, Wertpapiere und Fonds sowie Versicherungen, zum Beispiel ein Riestervertrag. Nicht eingerechnet sind Immobilien und staatliche Rentenansprüche.

Nach dem Ende der Corona-Pandemie erholten sich die Volkswirtschaften rund um die Welt. Die Nachfrage nach Produkten stieg, das Angebot konnte nicht mithalten, die Preise zogen an. Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die folgende Unsicherheit trieb die Preise weiter. In der Folge erhöhten die Notenbanken die Leitzinsen kräftig, um die Inflation einzudämmen. Die Aktienmärkte brachen teilweise ein, auch Zinspapiere wie staatliche Anleihen verloren an Wert – allerdings nur auf dem Papier. Wer nicht verkauft hat, konnte inzwischen wieder steigende Kurse sehen.

Die deutschen Anleger, lange sehr sicherheitsbedacht, haben in den vergangenen Jahren die Aktie für sich entdeckt. Allein 2022 investierten sie mehr Geld in solche Papiere als alle anderen Westeuropäer zusammen, wie Arne Holzhausen, Leiter Insurance and Wealth Markets bei der Allianz sagte. „Die Deutschen sind Kapitalmarktfans geworden.“ Das bietet gute Chancen auf künftige Vermögensgewinne. Denn langfristig lagen die Aktienmärkte deutlich im Plus.

Bereits für 2023 erwartet die Allianz, dass die weltweiten Geldvermögen um sechs Prozent wachsen. Die Kapitalmärkte seien bisher gut gelaufen, sagt Holzhausen. Allerdings rechnen die Experten mit einer weltweiten Inflation von ebenfalls sechs Prozent. Das bedeutet: Ende 2023 können Sparer für ihr dann gestiegenes Geldvermögen genauso viel kaufen wie Ende 2022, weil alles teurer geworden ist. Für Deutschland rechnen die Autoren des Reports mit einem Vermögensplus von drei Prozent.

Die Schulden weltweit sind dem Report zufolge 2022 noch um 5,7 Prozent gestiegen, deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Wegen der hohen Zinsen überlegen sich viele Menschen, ob sie einen Kredit aufnehmen sollten. Insgesamt waren die Menschen mit 55,8 Billionen Euro verschuldet. Für Deutschland gibt der Berichte 2,2 Billionen Euro an.

Über das größte Geldvermögen verfügten wie 2021 auch die Amerikaner. Nach Abzug aller Schulden hatten sie pro Kopf 251.860 (Vorjahr: 259.780) Euro gespart. Auf Rang 2 folgt die Schweiz mit 238.780 (237.110) Euro vor Dänemark 163.380 (183.610) Euro. Deutschland stand auf Rang 19 mit 63.540 (69.290) Euro – hinter Österreich und vor Malta. China steht mit 15.960 (15.400) Euro auf Rang 34.

Weltweit den größten Anteil am Geldvermögen haben die USA: Fast die Hälfte (47,4 Prozent) liegt in Aktiendepots, Pensionskassen und Wertpapieren der Amerikaner. Der Wert hat sich in den vergangenen 20 Jahren nicht verändert – für Holzhausen ein Zeichen, welche „enorme Geldmaschine die US-Wirtschaft“ ist. Großer Gewinner in der Langzeitbetrachtung ist China. Das Land habe einen beispiellosen Aufstieg erlebt, sagte Holzhausen. So stieg der Anteil am Weltgeldvermögen von etwa 2,3 Prozent 2002 auf 14,1 Prozent 2022. Anteile abgeben mussten vor allem Westeuropa und Japan.

Besonders bei den Reichen legte China zu. 2002 ließ sich kaum messen, wie hoch der Anteil an Chinesen unter den sehr Reichen war. 2022 waren es 21,9 Prozent. Ein beispielloser Sprung, wie Holzhausen sagte. Die meisten sehr Reichen waren im vergangenen Jahr Amerikaner, 20,3 Prozent Westeuropäer.

Die Ungleichheit weltweit hat sich dem Report zufolge in den westlichen Industrieländern in den vergangenen 20 Jahren kaum verändert. Gestiegen ist sie vor allem in Schwellenländern wie Russland China, Mexiko und Brasilien, gesunken in Südkorea, der Türkei, Irland und Peru. In den Industrienationen, auch in Deutschland hat sich wenig getan. Beunruhigend nannte das Allianz-Experte Holzhausen, schließlich sei die Ungleichheit das große soziale Thema. Der Handlungsspielraum der Politik sei in den vergangenen Jahren eher kleiner als größer geworden.

Die Allianz nutzt für den Report offiziell verfügbare Daten etwa von Zentralbanken. In manchen Schwellenländern ziehen die Experten auch Bankbilanzen, Zahlen von Versicherern und Fonds sowie Daten über die regionalen Aktienmärkte heran und berechnen daraus das Geldvermögen. Länder, in denen die Datenlage unsicher ist, werden nicht erfasst. Insgesamt untersucht der Report 60 Länder.

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