Bohrlöcher vor deutscher Küste sicher

Ölkatastrophe aber auch in der Nordsee möglich

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Von Wolfgang Mulke

15. Jun. 2010 –

Eine Ölkatastrophe wie im Golf von Mexiko ist nach Einschätzung der Bundesregierung zumindest bei der Förderung vor der deutschen Küste unwahrscheinlich. „Die Außenverhältnisse für beide Anlagen sind nicht mit denen von Deep Water im Golf von Mexiko vergleichbar“, heißt es im Umweltministerium.

 

Das Unternehmen RWE DEA betreibt vor der Küste Schleswig-Holsteins die Ölbohr- und förderinsel Mittelplate. Dazu betreibt die Firma Wintershall die Gasplattform A6-A auf der Doggerbank innerhalb der 200-Meilen-Zone. Im Vergleich zur Förderung vor den USA ist die Sicherheitsausstattung hierzulande sehr viel umfangreicher. Mittelplate ist direkt auf dem Wattboden gebaut und kann daher nicht sinken, wie die Bohrplattform im Golf nach einer Explosion. Eine bis zu elf Meter hohe Stahlspundwand schützt die Anlage vor dem offenen Meer. An 17 Stellen wird dort nach Öl gebohrt. Die Bohrlöcher können automatisch oder mit der Hand geschlossen werden, wenn etwas schief läuft. Außerdem wurden 90 Meter tief im Wattboden Sicherheitsventile installiert, die sich im Falle eines Unfalls an der Oberfläche selbständig schließen. Die Gasplattform A6-A ist laut Ministerium ähnlich gesichert. „Die Offshore-Industrie arbeitet auf der Basis der besten verfügbaren Technik“, stellt die Bundesregierung fest. Heute wird das Thema im Umweltausschuss auf der Tagesordnung stehen.

 

Die Entwarnung gilt aber höchstens für die heimische Region. In der Nordsee wird an mehr als 400 Stellen gebohrt oder gefördert. Dabei sind auch schon folgenreiche Malheure vorgekommen. So steigen seit 1990 vor der schottischen Küste unkontrolliert Methanblasen aus einem Bohrloch am Meeresgrund. Der Forscher Peter Linke vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel hat sich das Desaster 2006 mit dem U-Boot angeschaut. Stündlich strömen dort Millionen Liter Methan aus, nachdem eine Bohrung des Ölkonzerns Mobile Oil, heute Exxonmobile, zur Explosion führte. Die Suche nach dem schwarzen Gold wurde abgebrochen, dass Loch aber nicht geschlossen. Das Unternehmen gab die Förderkonzession einfach zurück. „Wir versuchen, die Engländer in die Pflicht zu nehmen“, berichtet Linke. Denn allein ein Viertel des gesamten Aussetzens von Methan in der Nordsee stammt aus diesem einem Loch. Damit verbunden ist ein erheblicher Ausstoß des Klimagases in die Atmosphäre. Doch noch strömt das Gas ungebremst ins Wasser.

 

Für die Grünenabgeordnete Valerie Wilms ist das Verhalten des Konzerns inakzeptabel. „“Die Gewinne werden mitgenommen und wenn es schief geht, interessiert das nicht mehr“, kritisiert die Politikerin. Die Grünen haben BP in den Bundestag eingeladen, um sich über die Folgen des Unglücks vor den USA zu erkundigen. Doch das Unternehmen hat einen Besuch im Umweltausschuss abgelehnt. Wilms hält eine ähnliche Katastrophe in der Nordsee für denkbar und fordert Konsequenzen. „Für uns heißt das: höhere Sicherheitsstandards, keine Bohrungen in der tiefen See und eine Wende in der Energiepolitik“, sagt Wilms.

 

Dagegen sieht sich die Bundesregierung auch im Ernstfall gut gerüstet. Für die Bekämpfung von Ölteppichen wurde eigens das Havariekommando Cuxhaven gegründet. Entlang der deutschen Küste wurden Materialdepots eingerichtet und Spezialschiffe stationiert. Zur Not können 3000 Einsatzkräfte gegen eine drohende Ölpest eingesetzt werden.

 

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