Bürgerkritik perlt an Stromfirmen ab
Netzbetreiber veröffentlichen überarbeiteten Plan für die neuen Höchstspannungsleitungen
15. Aug. 2012 –
Die Netzbetreiber geben sich transparent. Tatsächlich aber scheint für sie die Kritik der Bürger an den geplanten Stromtrassen keine allzu große Rolle zu spielen. Die rund 2.000 Stellungnahmen aus der Bevölkerung haben nur zu wenigen Änderungen geführt, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Netzentwicklungsplan der Stromfirmen hervorgeht. Die Zahl und Länge der geplanten Höchstspannungsleitungen ist im wesentlichen dieselbe wie vor der Konsultation.
Im Mittelpunkt des Netzentwicklungsplanes (NEP) der vier privaten Betreiber des deutschen Höchstspannungsnetzes stehen vier neue Stromtrassen, die Windenergie von Nord- und Ostsee nach Süddeutschland leiten sollen. Mit den Stellungnahmen, die die Bürger in den vergangenen Wochen einreichten, mussten sich die Netzbetreiber in ihrer Überarbeitung des NEP auseinandersetzen. Eine bindende Wirkung haben die Bürgervoten jedoch nicht.
Die Bundesnetzagentur, die Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) untersteht, wird den renovierten NEP in den kommenden Wochen prüfen und eventuell verändern. Nach ihrer Genehmigung soll ein Beschluss des Bundestages folgen. 2013 beginnt dann die konkrete Planung, wo die neuen Masten gebaut und Kabel verlegt werden.
Die dem überarbeiteten Netzentwicklungsplan beiliegende Deutschlandkarte zeigt keine Veränderung. Nach wie vor sind vier neue Stromkorridore eingezeichnet. Auch die Länge der geplanten Gleichstromleitungen ist mit 2.100 Kilometern dieselbe wie vorher. Diese Trassen verlaufen von Emden (Niedersachsen) nach Philippsburg (Baden-Württemberg), von Wehrendorf (Niedersachsen) in die Nähe von Frankfurt/ Main, von Brunsbüttel nach Schwäbisch-Gmünd und aus Sachsen-Anhalt in die Nähe von Augsburg.
Die Bürger, Umweltverbände und Kommunen, die Stellungnahmen eingereicht hatten, kritisierten unter anderem die Voraussetzungen, auf denen der Netzentwicklungsplan basiert. Angezweifelt wurde unter anderem der hohe Bedarf an neuen Windparks auf See. Stattdessen, so die Gegenargumente, solle man die bestehenden Windparks und Solaranlagen an Land ausbauen - vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Dadurch könne auch der Bedarf an neuen Stromtrassen von Nord nach Süd verringert werden.
Die vier Netzfirmen Amprion, Tennet, 50Hertz und Transnet haben diese Argumente zur Kenntnis genommen und kommentiert. Der neue Entwurf des Netzentwicklungsplans unterscheidet sich von der ersten Version durch eine Vielzahl von Erklärungen und Erläuterungen. „Ich bin überrascht, wie wenig von der massiven Kritik, die Bürger und Experten vorgebracht haben, in diesem zweiten Entwurf berücksichtigt wurde“, sagt Thorben Becker vom Umweltverband Bund. „Das ist ein starkes Stück und stellt den Sinn der Konsultation insgesamt in Frage.“