Bund will pünktliche Bahn

Regierung bestimmt neuen Aufsichtsratschef / Bahn wird Chefsache

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Von Wolfgang Mulke

10. Mär. 2010 –

Die Bahn soll sich künftig mehr um ihr Kerngeschäft kümmern und wieder pünktlicher, kundenfreundlicher und zuverlässiger werden. Diese Aufgabe will der angehende Vorsitzende des Aufsichtsrats des Unternehmens, Utz-Hellmuth Felcht, durch den Bahnvorstand zuvorderst gelöst wissen. Erst wenn der gute Ruf der Bahn wieder hergestellt sei, könne an andere Ziele wie einen Börsengang gedacht werden, sagte der Chefkontrolleur am Mittwoch in Berlin.

Kurz zuvor hatte das Bundeskabinett die Berufung des studierten
Chemikers bestätigt. Der Manager übernimmt in zwei Wochen den Posten von Werner Müller, der sich nicht mehr um eine Vertragsverlängerung bemühen wollte. Felcht gilt als guter Bekannter von Verkehrsminister Peter Ramsauer, der dessen "absolute Zuverlässigkeit und Gradlinigkeit" lobte.

Der CSU-Politiker will die Bahn zur Chefsache machen und sich intensiv um die Weiterentwicklung des Unternehmens kümmern. Dabei geht es auch um einige wichtige Entscheidungen des Eigentümers Bund. Insbesondere die Zukunft des Schienennetzes muss noch geklärt werden. Eine Trennung von Netz und Betrieb ist derzeit nicht die favorisierte Lösung. Eher wird der Bund dafür sorgen, dass die mit den Trassen erwirtschafteten Gewinne vom Konzern wieder in das Schienennetz gesteckt werden.

Neben Felcht wurden fünf weitere Aufsichtsräte vom Bundeskabinett
ausgetauscht. Die Neuorientierung der Bahn erfordere auch diese
personellen Wechsel, sagte Ramsauer. Im Unternehmen selbst wurden bereits fast alle alten Vorstandsmitglieder durch andere Manager ersetzt. "Viele Träume haben sich als Schäume erwiesen", kritisierte Ramsauer den früheren Börsenkurs des Konzerns.

Die Teilprivatisierung bleibt für die schwarzgelbe Koalition allerdings
ein langfristiges Ziel. Auch an der Unternehmensstrategie wird sich nur wenig ändern. Das Unternehmen wird weiterhin im weltweiten
Transportgeschäft tätig bleiben und will in Europa kräftig expandieren. "Mit diesem Mix hat sich die Bahn als weitgehend erfolgreich erwiesen", stellte der designierte Aufsichtsratschef fest. Längere Gespräche mit Ramsauer und Bahnvorstand Rüdiger Grube über die zukünftige Entwicklung seien übereinstimmend verlaufen.

Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA forderten Felcht auf, sich auch als Sachwalter der Beschäftigten zu verstehen. Außerdem müsse der Vorsitzende ein klares Bekenntnis zum integrierten Konzern abgeben, forderten die Gewerkschaftsvorsitzenden Alexander Kirchner und Manfred Hommel.

Kasten Vita:

Der Chemiker

Der designierte Aufsichtsratsvorsitzende der Bahn kommt aus der
Chemiebranche. Utz-Hellmuth Felcht hat es als Chemiker bis zum Professor gebracht. Seit 1977 ist der heute 63-jährige in der Wirtschaft tätig. Der Westfale stieg in den Vorstand der Hoechst AG auf und wurde später Vorstandschef des Chemieunternehmens SKW Trostberg. Den wichtigsten Posten erreichte er 2001 als Chef der Degussa AG. Das Unternehmen ging im Mischkonzern Evonik auf, der maßgeblich vom bisherigen Aufsichtsratschef der Bahn, Werner Müller, gebildet wurde. Beide Manager konnten nicht miteinander. Im internen Machtkampf unterlag Felcht, der seinen alten Widersacher nun bei der Bahn beerbt.

Der künftige Aufsichtsratsvorsitzende muss mit einem Makel sein Amt antreten. Die von der Bundesregierung zunächst auserkorenen Kandidaten konnten oder wollten die Bahn nicht kontrollieren.

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