Bundesregierung erschwert Abzockern das Leben

Kabinett beschließt Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken / Verbraucherschützer gehen die Regeln nicht weit genug

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Von Wolfgang Mulke

13. Mär. 2013 –

Mit einem Gesetzesbündel will die Bundesregierung gegen leidige Abmahnungen durch Anwälte, gegen unerlaubte Telefonwerbung für Gewinnspiele und unseriöse Inkassofirmen vorgehen. Das beschloss das Bundeskabinett nach langem Streit der Koalitionäre. Damit könnte das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden, sofern Bundestag und Bundesrat zustimmen.


„Das neue Gesetz wird Verbraucher vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen schützen“, erläutert Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Viele Eltern kennen das Problem. Wenn unerlaubt Filme oder Musik aus dem Internet geladen wird, kommt oft ein Schreiben von einem Anwalt. Damit wird der Betreffende abgemahnt, was mit Gebühren von oft mehreren Hundert Euro verbunden ist. Laut Ministerium wurden 2011 mehr als 200.000 Verbrauchern auf diese Weise 165 Millionen Euro berechnet. Nun wird ein Kostendeckel eingeführt. Mehr als 155,20 Euro dürfen Anwälte dafür nicht mehr berechnen. Der krumme Betrag kommt zustande, weil ein Streitwert von 1000 Euro pro Fall angenommen wird. „Massenabmahnungen von Bagatellverstößen lohnen sich künftig nicht mehr“, hofft die Ministerin.


Ein zweites Ärgernis ist die unerlaubt Telefonwerbung, vor allem für Gewinnspieldienste. Immer wieder fallen die Angerufenen auf die Anbieter herein und schließen unbewusst langfristige Verträge ab. Das Gesetz sieht für solche Abschlüsse künftig verbindlich die schriftliche Form vor. Die Kunden müssen Vereinbarungen dann bestätigen, zum Beispiel per Mail oder per Fax. Außerdem wird das maximale Bußgeld für unerlaubt Telefonwerbung kräftig angehoben. Statt wie bisher 50.000 Euro müssen die dahinter stehenden Firmen bis zu 300.000 Euro bezahlen, wenn sie gegen die geltenden Regeln verstoßen. Auch wer Anrufmaschinen einsetzt, muss künftig mit Strafen rechnen.


Zusätzlich erschwert die Bundesregierung unseriösen Inkassounternehmen das Geschäft. Viele Verbraucher haben sich in den letzten Jahren über kaum nachvollziehbare Rechnungen der kommerziellen Geldeintreiber geärgert. Künftig muss aus dem Schreiben klar hervor gehen, für wen das Inkassounternehmen arbeitet, wie sich die Forderung und die Gebühren der Firma zusammen setzen. Außerdem dürfen sich die Unternehmen den Gerichtsstand nicht mehr aussuchen und damit an einen ihnen in der Regel gewogenen Ort ziehen.


Verbraucherschützern sind von dem Gesetzespaket enttäuscht, weil er weit hinter ihren Forderungen zurück bleibt. Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sind vor allem die Regelungen gegen Massenabmahnungen ein Dorn im Auge. „Der Gesetzentwurf verschlechtert sogar die derzeitige Rechtslage der Verbraucher“, kritisiert vzbv-Chef Gerd Billen. Das liegt vor allem an den Regelgebühren, auf die sich Internetnutzer bei Rechtsverstößen einstellen müssen. Der Verband plädiert für einen Streitwert von nur 500 Euro. Dann kämen auf die von einer Abmahnung betroffenen etwa 90 Euro Gebühren zu, viel weniger als von der Bundesregierung vorgesehen. Kritisch sieht der vzbv auch die Regelungen gegen verbotene Telefonwerbung. Billen sieht nicht ein, warum nur Verträge für Gewinnspieldienste schriftlich bestätigt werden sollen. Denn inzwischen erstrecken sich die unseriösen Anrufe auch auf andere Bereiche.


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