Bundesregierung soll Informationen herausrücken
Amnesty International klagt gegen Wirtschaftsministerium. Potenzielle Menschenrechtsverletzungen bei deutscher Exportförderung
08. Dez. 2013 –
Es ist eine demokratische Errungenschaft – das Informationsfreiheitsgesetz. Jeder Bürger darf amtliche Informationen erfragen – über Gift in Lebensmitteln, Lärm von Straßen oder Kosten von Bauprojekten. Diese herauszugeben sind die deutsche Verwaltungen und Regierungen verpflichtet. Aber immer wieder weigern sie sich.
Wie in diesem Fall: Die Bürgerrechtsorganisationen Ammesty International, Gegenströmung und Urgewald reichen an diesem Montag erstmals eine Klage gegen die Bundesregierung ein. Sie verlangen Angaben darüber, ob deutsche Exporte beispielsweise von Kraftwerkstechnik, die die Bundesregierung fördert, in Afrika oder Asien die Rechte der dortigen Anwohner beeinträchtigen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat das Ansinnen zweimal abgelehnt.
Konkret geht es etwa um das Kohlekraftwerk Medupi in Südafrika, an dessen Bau auch deutsche Firmen beteiligt sind. Urgewald-Mitarbeiterin Regine Richter befürchtet, dass sich die Versorgung der Anwohner mit Trinkwasser verschlechtere, weil das Kraftwerk große Mengen Kühlwasser benötige. Die Gegend an der Grenze zu Botswana sei ohnehin sehr trocken, so Richter.
„Wir wollen wissen, ob sich der Interministerielle Ausschuss mit der potenziellen Gefährdung der Menschenrechte beschäftigt hat“, sagt Richter, „deswegen verlangen wir Einsicht in die Prüfberichte“. Im besagten Ausschuss sitzen unter anderem Vertreter des Bundeswirtschafts- und des Außenministeriums. Sie entscheiden, welche deutschen Unternehmen öffentliche Exportversicherungen erhalten, sogenannte Hermes-Bürgschaften. Solche Versicherungen sollen deutsche Firmen vor dem etwaigen Ausfall von Zahlungen ausländischer Auftraggeber schützen.
Die Bundesregierung fördert damit Exporte auch in Entwicklungs- und Schwellenländer mit autoritären Regierungen, bei denen der Schutz der Menschenrechte nicht hoch im Kurs steht. Dazu gehören Länder wie Kasachstan, Tadschikistan oder Weissrussland.
Das Bundeswirtschaftsministerium weigert sich nun, den Organisationen die Prüfberichte zu schicken. „Der Antrag auf Informationszugang wird abgelehnt“, heißt es in einem Schreiben des Ministerium, das dieser Zeitung vorliegt. Die Beamten berufen sich unter anderem auf den Paragrafen 3 des Informationsfreiheitsgesetzes. Auskünfte würden beispielsweise dann nicht erteilt, wenn die „internationalen Beziehungen“ Deutschlands oder die „Vertraulichkeit von Verhandlungen“ beeinträchtigt würden.
Das wollen die Organisationen nicht hinnehmen. Ihr Argument: Die Öffentlichkeit könne nicht überprüfen, ob die Bundesregierung den Schutz der Menschenrechte ernstnehme, zu dem sie auch international verpflichtet sei.